Foto: Antje Feldmann
Kennzeichen:
Die Schwarzbunten Niederungsrinder sind schwarz-weiß gescheckt und haben einen schwarzen Kopf mit weißen Abzeichen. Im Unterschied zu den Holstein-Friesian Rindern sind die Tiere deutlich kleiner. Sie weisen eine Kreuzbeinhöhe von mindestens 135 cm auf und erreichen ein Lebendgewicht von 650 kg. Die Bullen kommen auf ein Gewicht von 1.100 kg bei einer Kreuzbeinhöhe von 152 cm. Außerdem sind die schwarzbunten Niederungsrinder stärker bemuskelt.
Verbreitung:
Nord- und Ostdeutschland, aktuelles Hauptzuchtgebiet in Brandenburg (insbesondere Elbe-Elster-Kreis)
Herkunft:
Gezüchtet wurde das Schwarzbunte Niederungsrind in den Küstenländern von den Niederlanden über die deutsche Nordseeküste bis nach Dänemark. Über Staatsgrenzen hinweg fand bis zum Ende des 19. Jahrhunderts ein reger Zuchtviehaustausch zwischen den Niederlanden und Deutschland statt, sodass die beiden Rinderpopulationen phänotypisch ähnlich und genotypisch sehr nahe verwandt waren. Nachdem die Tiere zunächst einfarbig rot oder rotbunt gezüchtet wurden, setzte sich mit der Zeit die schwarzbunte Farbe durch. Ab 1850 erfolgte in immer stärkerem Maße die Einkreuzung von Shorthorns in Deutsche Landrinderschläge. Da man allerdings in Ostfriesland und im angrenzenden Jeverland schon sehr früh auf die Milchleistung geachtet hatte, stand man den Shorthorneinkreuzungen meist skeptisch gegenüber. So kamen dort nur wenige Shorthornbullen zum Einsatz und die Nachkommen spielten in der Zucht keine Rolle. Im übrigen nord- und mitteldeutschen Flachland sank jedoch die Milchleistung aufgrund des immer stärker werdenden Shorthorneinflusses stark. Daher begann um 1870 in diesen Regionen die Einfuhr von Schwarzbunten. 1876 wurde in Fischbeck in Sachsen-Anhalt das erste Herdbuch gegründet. Es ist wohl das erste Herdbuch in Deutschland überhaupt gewesen. Kurze Zeit später (1878) wurden der Verein Ostfriesischer Stammviehzüchter und das Jeverländer Herdbuch gegründet (beides Vorgänger des Vereins Ostfriesischer Stammbuchzüchter, VOSt). Zu dieser Zeit wurden überwiegend aus den Niederlanden, aber auch aus Ostfriesland, schwarzbunte Niederungsrinder nach Nordamerika exportiert, wo sie vor allem auf hohe Milchleistung weitergezüchtet wurden. Dadurch entstand das Holstein-Friesian Rind in Nordamerika, wohingegen in Europa zunächst ein milchbetontes Zweinutzungsrind angestrebt wurde. Es wurden immer wieder Zuchttiere in andere Regionen Deutschlands und Europas verkauft. Vor allem Ostpreußen entwickelte sich zu einem wichtigen Zuchtgebiet. Der Zuchttieraustausch kannte bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges kaum Grenzen, sodass sich die Schwarzbunten in Deutschland schnell zur wichtigsten Rasse entwickelten und europaweit an Bedeutung gewannen. Geschätzt wurden die Tiere aufgrund ihrer hohen Milchleistung und ihres hohen Fettgehaltes. Der Einfluss englischer Rinderrassen wurde immer geringer. Der Zweite Weltkrieg bedeutete einen Rückschlag für die Schwarzbuntzucht, da die ostpreußischen Hochzuchten mit ihren durchgezüchteten großen Beständen verloren gingen. Da sich die Preise für Rindfleisch und Milchprodukte zugunsten der Milch verschoben und die Kraftfutterkosten sanken, wurde der Ruf nach höheren Milchleistungen lauter. Ab 1964 begann man in den alten Bundesländern mit der Einkreuzung von Holstein Friesian aus Nordamerika, die dort zu einem Einnutzungsrind gezüchtet wurden. Damit begann die Verdrängungszucht des Deutschen Schwarzbunten Niederungsrindes zum Deutschen Holstein. Eingesetzt wurde das Schwarzbunte Niederungsrind vor allem noch auf Betrieben mit hohem Grünlandanteil, die meist nebenbei noch Weideochsenmast betrieben. Solche Betriebe waren meistens nicht in Zuchtverbänden organisiert, sodass aus diesen Herden auch keine neuen Bullen für den Besamungseinsatz in Frage kamen. In der ehemaligen DDR waren 1970 von 2 Millionen Kühen 90 % Schwarzbunte. Dadurch, dass ab Ende der 1950er Jahre mit dem Bestand in den alten Bundesländern fast kein Blutaustausch mehr erfolgte, haben sich auch hier kleine genetische Unterschiede herausgebildet. Ab 1970 wurden Kühe mit Jersey und Holstein Friesian in einer Dreirassenkreuzung zum SMR (Schwarzbuntes Milchrind) gekreuzt, das inzwischen ebenfalls zum Deutschen Holstein umgezüchtet wurde. Ende der achtziger Jahre ließ sich die Zahl der HF-freien Zuchtbullen (alle mit holländischer Abstammung) in der Besamung an zwei Händen abzählen. Da auch die Zahl der weiblichen Tiere auf nur noch ca. 500 Tiere geschrumpft war, erfolgte 1989 die Gründung des „Vereins zur Erhaltung und Förderung des alten schwarzbunten Niederungsrindes“.
Eigenschaften/Leistung:
Das Schwarzbunte Niederungsrind ist eine milchbetonte Zweinutzungsrasse, bei der eine Milchleistung von 7.000 kg bei 4% Fett und 3,5 % Eiweiß angestrebt wird. Mindestens aber sollte die Leistung das Zehnfache des Körpergewichtes betragen. Die Tiere sind langlebig, widerstandsfähig und gut angepasst an das norddeutsche Klima. Die Rasse zeichnet sich zudem durch eine hervorragende Grundfutterverwertung und stabile Gesundheit aus. Auch der Schlachtkörper der männlichen und weiblichen Tiere ist von hoher Qualität.
Besonderheiten:
Das schwarzbunte Niederungsrind lässt sich vielseitig einsetzen. Es eignet sich für die Mutterkuhhaltung ebenso wie für die Milchviehhaltung. Die Bullenkälber sind wertvoll und lassen sich gut mästen.
Aktuelle Situation:
Nach 1989 stellte sich heraus, dass es in der ehemaligen DDR eine staatliche Genreserve für Schwarzbunte Niederungsrinder gegeben hatte, die im Jahr 1972 gegründet wurde. Dank einiger engagierter Betriebsleiter wurde diese Genreserve nach der Wende weitergeführt. Seitdem bemühen sich unter anderem der Verein „Genreserve Deutsches Schwarzbuntes Niederungsrind e.V.“ und die RBB Rinderproduktion Berlin Brandenburg GmbH um die Erhaltung dieser Rasse. Mittlerweile sind wieder Besamungsbullen aus verschiedenen Linien im Einsatz. Auch ein weiteres Absinken der Bestandszahlen der weiblichen Tiere konnte verhindert werden.
Kontakt
Weiterführende Informationen:
Das Schwarzbunte Niederungsrind (aus: Gefährdete Rinderrassen, GEH, 2016)
Deutsches Schwarzbuntes Niederungsrind (Zentrale Dokumentation Tiergenetischer Ressourcen in Deutschland)
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