Die
Gefährdete Nutztierrasse des Jahres 2007
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Zuchtgeschichte Herkunft und Entstehung sind trotz moderner Untersuchungen mit Genmarkeranalysen bis heute nicht exakt geklärt (Graml et al. 1986). May (1856) und Kronacher (1911) bezeichnen die Rasse als Altwerdenfelser Vieh. Hibler (1909) leitet die Entstehung der Rasse aus der Kreuzung eines braunroten keltischen Alpenrindes mit weißen Rindern podolischen Ursprungs ab. Sehr viel wahrscheinlicher dürften die Vorfahren des heutigen Tiroler Grauviehs, des damals noch überwiegend gelben Ober-Inntaler Viehs den Grundstock für die Rasse gebildet haben (Lydtin 1899, Werner 1902)). Jedenfalls ähnelt das Murnau-Werdenfelser Rind dem heutigen Tiroler Grauvieh insbesondere in Konstitution, Haltungsweise sowie Art und Verteilung der soweit vorhandenen dunklen Schattierungen. Auch weist das Tiroler Grauvieh seinerseits häufig einen roten Aalstrich und roten Stirnschopf auf, wie Letzerer beim Allgäuer Schlag noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts rassetypisch war (Fraas 1852). In späterer Zeit wurde Grauvieh aus Graubünden, die Braunviehschläge Schwyzer, Montafoner und Allgäuer, sowie die einfarbig gelben Rassen Mürztaler und Murbodner aus der Steiermark und die mittelfränkischen Ellinger (Lydtin 1899, Süskind 1908, Lorz 1925, Spann 1928, Bärlehner 1941) eingekreuzt. Verbreitung und Bestandsentwicklung Das „Murnau-Werdenfelser“ oder auch „Oberländer“ (May 1856) genannte Rind ist die einzige autochtone Rinderrasse Bayerns, von der sich bis in die Gegenwart noch ein kleiner reinrassiger Bestand erhalten konnte. Das ursprüngliche und auch gegenwärtige Verbreitungsgebiet beschränkt sich auf das Werdenfelser Land, das sind die heutigen Landkreise Garmisch-Parten-kirchen und partiell Weilheim-Schongau. Während der größten Ausdehnungsphase fanden sich neben den damaligen Bezirksämtern Garmisch und Weilheim auch zahlreiche Züchter im Gebiet der Bezirksämter Schongau, Bad Tölz, Starnberg, Landsberg/Lech und Wolfratshauen (Lydtin 1899, Süskind 1909). Obwohl sich 1927 erst relativ spät ein eigener Zuchtverband gegründet hatte, konnte wie aus Tabelle 1 ersichtlich, der dramatische Schwund des Rassebestandes nicht mehr aufgehalten werden.. Tab.1: Bestandsentwicklung beim Murnau-Werdenfelser Rind.
Seit Mitte der Achziger Jahre des vorigen Jahrhunderts wird die Rasse auch außerhalb des historischen Verbreitungsgebietes ausgehend vom Allgäu und der Bodenseeregion in verschiedenen bayerischen Regierungsbezirken und mehreren Bundesländern, dort allerdings vorwiegend in der Mutterkuhhaltung gezüchtet. Leistungsvermögen Der Rasse hat es früher nicht an Tieren mit überdurchschnittlicher Leistung gefehlt, nur unterblieb weitgehend bis heute die konsequente Selektion und Anpaarung mit geeigneten Leistungsträgern (Schedel 1986), was sich in einer weitgehenden Leistungsstagnation ausdrückt (Tab. 2.). Als Rekordhalter für eine Laktationleistung ist die Kuh ANKARA zu erwähnen, die 1969 in 355 Tagen 8903 kg Milch, 386 kg Fett und 4,34 % Fett erzielte. Die höchste Lebensleistung erreichte 1988 mit 80514 kg Milch, 3009 kg Fett und 3,74 % Fett die 1968 geborene ERIKA, die nach 17 Abkalbungen mit 18 aufgezogenen Kälbern noch ihren 22. Geburtstag überlebte. Auch die männlichen Vertreter der Rasse erzielten wie der Bulle PITT in der Masteigenleistungsprüfung beachtliche tägliche Zunahmen von über 1300 g. Tab.2: Entwicklung der Milchleistung beim Murnau-Werdenfelser Rind.
Die Murnau-Werdenfelser übertrafen 1985 mit einem Durchnittsalter von 7,1 Jahren aller Kühe unter Leistungskonrolle alle anderen Rassen in Bayern (Schedel 1986). Rassebeschreibung Die mittelrahmige Rasse steht im milchbetonten Zweinutzungstyp. Das einfarbige Haarkleid der weiblichen Tiere wird in der Regel von einem kräftigen Fuchsrot dominiert, individuell aber auch von hellem Semmelgelb über gelbbraun bis zu dunklerem Rotbraun variierend. Die Bullen erscheinen deutlich dunkler und tendieren vor allem zwischen dunklem Rot bis zu Schwarzbraun. Inbesondere die semmelgelben und rot-schwarzbraunen Tiere weisen einen roten Stirnschopf und einen ebenso gefärbten Aalstrich auf, der bei roten Tieren lediglich durch Aufhellung kontrastiert. Nasenspiegel, Klauen, Haare der Schwanzquaste Augenlider und Zunge sind immer dunkelgrau bis schwarz pigmentiert. An der Basis sind die Hörner weißlich-gelb um im letzten Drittel abrupt in Schwarz überzugehen. Vereinzelt beginnt die Basis schwarz um erst dann die beschriebene Farbenfolge einzuhalten. Das schwarze Flotzmaul und die dunklen Augenlider werden weiß bis gelb umrandet. Die für die Mürztaler rassetypische Schnippe, ein aufrechtes unpigmentiertes Dreieck inmitten des schwarzgrauen Flotzmauls (Wilkens 1885), findet sich beim Murnau-Werdenfelser Rind auch heute noch vereinzelt. Die Innen- und Rückseiten der Giedmaßen sowie der Euterspiegel sind aufgehellt. Im Bereich des Nasenrückens, der Stirn, der Kaumuskulatur, der Augen, des Halses, der Schultern und der Oberschenkel, sowie der Vorderseite der Gliedmaßen und insbesondere des Kronsaums finden sich häufig bei kräftig gelb oder rot gefärbten Tieren dunkelbraune bis schwarze Schattierungen. Ebenso können die in der Regel hell gefärbten Haare der Ohrinnenseite rote und sogar schwarze Umrandungen aufweisen. Die schwarze Pigmentierung von After und Scheide überwiegt bei den meisten Rindern. Euterhaut unpigmentiert, Euterhaare weiß-gelb, Zitzen meist unpigmentiert, mitunter rotbraun gefärbt. Entgegen den Angaben von Lydtin (1899) werden die Kälber nicht grau-weiß wie beim Braunvieh, sondern gelbrot bis rot geboren (Süskind 1909) und dunkeln gegebenenfalls nach einem viertel bis halben Jahr nach, während sich dunkle Schattierungen erst mit einem halben bis einem Jahr abzuzeichnen beginnen (Schedel 1984a). Die Hörner sind bei den Kühen gerade nach außen, dann aufwärts und nach vorne gebogen, vereinzelt verlaufen sie auch ringförmig nach innen. Beim Bullen verlaufen sie viel kürzer gerade nach außen. Der Kopf erscheint meist kurz und gedrungen, der Triel ist stark ausgeprägt. Kühe wiegen 500 – 600 kg bei einer Widerristhöhe von 125 – 135 cm, Bullen wiegen 800 – 950 kg bei einer Widerristhöhe von 130 -145 cm. Zukunftsaussichten Mitte der Siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts wurde Tiefgefriersperma von vermeinlich fünf verschiedenen Stierlinien zur Konservierung an der Bayerischen Genreserve gewonnen. Spätere Überprüfungen der Abstammung seitens des Verfassers ergaben aber, dass von den fünf Stieren nur BERG und RÖMER je einer eigenen Blutlinie angehören, während die drei anderen Stiere RANK, XERXES und ZEPPELIN nur die jeweils eng verwandten Vertreter einer dritten auf RAUDI zurückgehenden Blutlinie darstellen. Seit der letzten vom Zuchtverband 1937 versuchshalber durchgeführten Einkreuzung mit Murbodner Bullen aus der Steiermark begann die wohl längste Periode kreuzungsfreier Zucht in der Rassengeschichte, die erst 1986 mit der wiederum versuchsweisen Einkreuzung der Rasse Tarine, besser auch als Tarentaise bekannt begann. Die GEH und ihr Rassenbetreuer haben seinerzeit frühzeitig und wohl begründet vor dieser Einkreuzung gewarnt (Schedel 1984b, Schedel 1987). Seitens des Weilheimer Zuchtverbandes wurde damals unzutreffenderweise versucht, eine angebliche Wachstumsdepression oder eine allgemeine Inzucht als Rechtfertigungsgrund für die Tarentaise-Einkreuzung heranzuziehen. Dagegen wurde den Vorschlägen der GEH (Schedel 1984b), in den Betrieben ohne Milchleistungskontrolle ein Rotationsprinzip für die Vertreter der einzelnen Linien einzuführen und in den Kontrollbetrieben gezielte Anpaarungen unter dem Aspekt der geringsten Inzucht vorzunehmen nicht oder nur ungenügend nachgekommen. Jedenfalls wurde von den Tierhaltern regelmäßig die zu geringe tatsächliche Spermaverfügbarkeit verschiedener Linienvertreter angemahnt. Mit RÖXAR wurde dann erstmals Sperma eines rückgekreuzten Murnau-Werdenfelser x Tarentaise Stieres mehrere Jahre als dominierender Besamungsstier eingesetzt. 2005 wurde vom Zuchtverband beschlossen Tarentaise-Sperma in größerem Umfang einzusetzen, um die stagnierende Milchleistung der Murnau-Werdenfelser Rasse anzuheben. Wie aus den bayrischen und französischen Leistungsangaben aus Tabelle 3 hervorgeht (Anonym 1983, Anonym), konnte die zur Leistungssteigerung ausgewählte Rasse Tarentaise hinsichtlich der Milchmenge die Erwartungen nicht erfüllen, während sie hinsichtlich der Milchinhaltstoffe, insbesondere bei dem für den Milchpreis relevanten Milcheiweiß sogar erhebliche Einbußen befürchten lassen muß. Tab.3: Vergleich der Milchleistungsdaten nach Rassen.
Einer Einkreuzung mit anderen Rassen ist die konsequente Selektion geeigneter Leistungsträger innerhalb der eigenen Population möglichst unter Einbeziehung bisher nicht leistungskontrollierter Tiere und unter Anwendung geeigneter Anpaarungsprogramme wie z. B. Optimate unbedingt der Vorzug zu geben. Bevor die begonnene Einkreuzung mit phänotypisch ähnlichen Rassen, von denen es neben den Tarine in Südostfrankreich, im südfranzösischen Massif Central die Aubrac, an der französischen Atlantikküste die Parthenaise und Nantaise, in der ligurischen Toskana die Pontremolese (Boselli und Rognoni 1983), in der Steiermark die Murbodner, in Nordwestspanien in den Provinzen Leon und Zamora die Alistana-Sanabresa und in der Provinz Orense die Limiana und die Vianesa, in der nordspanischen Provinz Oviedo die Asturiana de la Montaña und Asturiana de los Valles, an der nordostspanischen Küstenregion die Monchina und in Südspanien die Murciana (Belda und Muñoz 1986)) gibt, sollten die Abstammungsgeschichte, Beschreibung und Leistungsdaten möglichst aller in Betracht zu ziehenden Rassen, einschließlich der aufgrund der eigenen Abstammung verwandten Rassen wie Tiroler Grauvieh, Original Braunvieh und Montafoner überprüft und durch eine geeignete Kommision persönlich in Augenschein genommen werden. Darüberhinaus sollten markergenetische Untersuchungen auch auf diese Rassen ausgeweitet werden um eine phylogenetische Zuordnung und damit den Grad der Verwandtschaft dieser Rassen zu den Murnau-Werdenfelser bewerten zu können. GEH-Rassebetreuer:
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