Die
Gefährdete Nutztierrasse des Jahres 2005
Das Bentheimer Landschaf
Henrik Wagner, Püttlingen
Erstmals wurde ein Schaf, welches phänotypisch dem Bentheimer Schaf gleicht,
bei May (1868) erwähnt. Dieser beschreibt ein Schaf, welches als „gewöhnliches
deutsches Schaf“ bekannt war. Phänotypisch deutet seine Beschreibung auf das
heutige Bentheimer Landschaf hin. Erst bei Herter und Wilsdorf (1918) wird das
Bentheimer Schaf namentlich erwähnt. „Demnach
scheint es sich beim Bentheimer vor 1918 noch nicht um eine fest umrissene, klar
definierte Rasse gehandelt zu haben.“, vermutet Sambraus (1994). Den
Rassenamen hat dieses Schaf von der Grafschaft Bentheim im Weser – Emsland
bekommen. Sie liegt im äußersten Westen von Niedersachsen, an der Grenze zu
den Niederlanden. Im damaligen Emsland konnte sich bei dem höheren Acker- und
Grünlandanteil ein etwas anspruchsvolleres Schaf entwickeln als in den anderen
Gebieten Niedersachsens (Gerdes, 2002). Dazu wurden die damaligen eingesetzten
bodenständigen Heideschafe durch Einkreuzung verschiedener Rassen
weiterentwickelt. Aufgrund der lokalen Nähe zu den Niederlanden wurden auch Böcke
von Heideschafen niederländischer Herkunft eingesetzt. Aus der Provinz Drenthe
wurde das damalige Drenthe Heideschaf, welches selbst eine Kreuzung aus Drenthe
Schaf und Schoonebeeker Schaf war, in die Heideschafe der Grafschaft Bentheim
eingekreuzt. Somit konnte züchterisch ein größeres, ähnlich anspruchloseres
Heideschaf, welches allerdings mehr Leistungspotential in sich vereint, gewonnen
werden. So liefert das neue Heideschaf der Grafschaft Bentheim mehr Fleisch, hat
eine höhere Fruchtbarkeit und ist gut geeignet, die entsprechenden Flächen zu
pflegen. In Deutschland erfolgte erstmals 1934 die Anerkennung dieser Schafrasse
als eigenständige Rasse mit dem Namen Bentheimer Landschaf und damit einhergehend die züchterische
Bearbeitung dieser Rasse. Im Zuge der Gründung von Stammherden, insbesondere
mit in den Krupp´schen Herden (Meppen) wurde die Rasse weiterentwickelt (Sambraus,
1994). Das Bentheimer Landschaf erfuhr in den Folgejahren einen Aufschwung, der
im Jahre 1955 mit 2 497 Tieren (Sambraus, 2001) seinen Höhepunkt haben sollte.
Danach sanken die Bestandszahlen wieder. Als regional bedeutende Schafrasse
pflegte es nun die Heiden und Moore Niedersachsens. „Im Zuge des Rückganges
der Heiden und Moore und der Ödland-Kultivierung gingen die Bestände jedoch
stark zurück“ (Gerdes, 2002). Am Tiefpunkt der Zucht um 1970, hielten nur
noch drei Züchter 50 Herdbuchtiere des Bentheimer Landschafes. In den Jahren
danach stieg zwar die Zahl der Herdbuchhalter und damit auch der Herdbuchtiere,
doch bei den geringen Bestandszahlen war es nicht mehr möglich, das Bentheimer
Landschaf ohne Inzucht in seinem ursprünglichen Typ zu erhalten. Gegen Ende der
achtziger Jahre wurden Böcke der französischen Rasse Causses
du Lot eingesetzt. Diese Böcke führten vermehrt zu stärkerem Muskelansatz
und veränderten das Wollvlies und deren Feinheitsgrad nachhaltig. Doch von
diesen Böcken kam nur der Bock Didier
in den meisten Herden zum Einsatz. Vereinzelt wurden auch Rhönschaf-
und erneut Drenthe Heideschafböcke
zum Deckeinsatz gebracht. Somit konnte wieder genug „frisches Blut“ in die
Population eigekreuzt und die Erhaltungszucht des Bentheimer Landschafes
weitergeführt werden. Heute geht die Bentheimer Zucht auf insgesamt neun
Bocklinien zurück (Gerdes, 1995), wobei nur drei Linien aus Deutschland
stammen. Die Bentheime Landschafe wurden nun auf die Rote Liste der vom
Aussterben bedrohten Nutztierrassen gesetzt. Das führte dazu, dass sich nun
auch Züchter aus anderen Gegenden für die Rasse interessierten. Es wurden
vermehrt Bentheimer Landschafe gezüchtet, und die Tierzahlen nahmen wieder zu.
Ein weiterer Anreiz zu Zucht dieser Rasse ist die Erhaltungsprämie die in
einigen Bundesländern ausgezahlt wird. Seit
zehn Jahren nun ist es Tradition, dass alljährlich in dem
Ursprungsgebiet der Bentheimer, in der Grafschaft Bentheim (Reithalle Uelsen),
eine bundesweit einmalige Absatzveranstaltung für Tiere dieser Rasse
stattfindet. Hier treffen sich die meisten Züchter Deutschlands, um sich mit
ihren Tieren dem Urteil der Richter zu stellen und über gemeinsame Zuchtziele
zu diskutieren. Diese bundesweite Kör- und Absatzveranstaltung findet regen
Zuspruch seitens der Herdbuchzüchter. Haring
et al. beschrieb erstmals 1961 im Handbuch
der Tierzüchtung die Leistungen, die das Bentheimer Landschaf erbringen
sollte. Nach diesen Angaben sollten Böcke in jener Zeit 75 bis 80 kg und
Muttertiere 50 bis 60 kg auf die Waage bringen. Die Wollleistung betrug 3 bis
4,5 kg pro Jahr, reinweiß mit einer Feinheit D-DE. Damalige Ablammergebnisse
sollten um die 150 % liegen. Das Bentheimer Schaf ist das großrahmigste
deutsche Moor- und Heideschaf. Es ist hochbeinig, mit schwarzen Zeichen an den
Augen und mit langen großen Ohren. Die Ohrspitzen sind zumeist schwarz. Sein
Kopf ist schmal und länglich, unbewollt und geramst. Die Bentheimer sind
genetisch hornlos. Ferner ist der lange bewollte Schwanz kennzeichnend. Bei den
Muttertieren darf dieser aus hygienischen Gründen kupiert werden. Bei Böcken
muss er im Normalzustand verbleiben. Böcke dieser Rasse sollen eine Widerristhöhe
von 70 bis 75 cm haben bei einem Gewicht von 80 bis 90 kg. Weibliche Vertreter
sollten 65 bis 70 cm Widerristhöhe vorweisen können bei einem Gewicht von 60
bis 70 kg. Die Leistungsmerkmale des Bentheimer Landschafes, die gleichzeitig
das Zuchtziel darstellen, sind
·
gute Widerstands- und Marschfähigkeit;
·
Anspruchslosigkeit und harte Klauen;
·
Resistenz gegen Moderhinke sowie
·
hervorragende Fleischqualität.
Die Böcke
liefern jährlich 4,5 bis 5,0 kg, die Muttertiere 3,0 bis 4,0 kg Wolle. Die
Wolle des Bentheimer Landschafs ist reinweiß, hat D – DE Feinheit (37 – 38
Mikron) und ist frei von haarigen Strähnen. Hervorzuheben sind die guten
Muttereigenschaften der Bentheimer, die ausgezeichnete Säugeleistung und eine
hohe Fruchtbarkeit von bis zu 170%. Bei der Zucht auf Fleischfülle und
Bemuskelung ist der ursprüngliche Landschaftyp nicht zu vernachlässigen. Auch
bei einer knappen Futtergrundlage kann das Bentheimer Landschaf hohe Leistungen
in der Landschaftspflege erbringen.
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