Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter
Haustierrassen e.V. (GEH)
Schwerpunkt - Geflügel |
Um 1800 und früher vorhandene schlicht-weiße Hühner sind die Stammrasse unserer heutigen Ramelsloher gewesen. Bäckermeister A. Timme aus Lüneburg beschrieb zwischen 1866 und 1871 während seiner Wanderjahre als Bäckergeselle zwischen Ostfriesland und Hamburg solche Hühner. Der Reeder A. D. Wichmann aus Hamburg entschloss sich, diese Tiere zu einer Rasse zu formen, und da er die typischsten Vertreter in der Ortschaft Ramelsloh vor den Toren Hamburgs fand, stellte er diese Rasse 1874 unter dem Namen Ramelsloher auf der Hamburger Ausstellung erstmals öffentlich vor. Ein weiteres Detail zur Herkunft der Ramelsloher Hühner war die Geflügelzucht der Mönche des in Ramelsloh bis Ende des 17. Jahrhunderts vorhandenen Klosters. Am 4. März 1905 wurde in Magdeburg die Vereinigung der Züchter weißer Ramelsloher von 21 Züchtern gegründet, die die Zucht wieder in einheitliche Bahnen lenkte und 1910 die Bestimmung traf, ein Huhn mit mittelhoher Stellung bei kräftigem Körper und nicht zu grober Knochenstärke zu züchten, was sich bis heute (1999) bewährt hat. Der gelbe Farbschlag der Ramelsloher findet sich ab 1900 immer wieder erwähnt, erreichte zu dieser Zeit aber nie die Bedeutung der immer etwas rassetypischeren weißen Vertreter.
Um die Jahrhundertwende 1900 bis in die 1920er Jahre waren die Ramelsloher ”das Wirtschaftshuhn” schlechthin. Die Wertschätzung des Ramelsloher Huhnes wurde auch daran ersichtlich, dass einige neue - im besonderen Masthuhnrassen - wie Stuhrer, Winsener und Hittfelder auf Ramelsloher Grundlage entstanden. Diese hatten im allgemeinen noch höhere Körpergewichte als die Ramelsloher. Aber trotz ihrer ausgesprochenen Betonung in der Wirtschaftlichkeit konnte sich keine dieser Kombinationsrassen länger als bis in die 1930er Jahre halten. Eine Besonderheit in der Nutzung der Ramelsloher und der aus ihnen entwickelten Mastrassen war die Stubenkükenzucht, die in der Nordheide bis in den Hamburger Raum verbreitet war. Dabei nutzten die kleineren Wirtschaften die arbeitsärmere Zeit des Winters, um aus den Küken der Ramelsloher, die damals als gute Winterleger bekannt waren, Frischgeflügel für den Hamburger Markt zu erzeugen. So sehr die Ramelsloher zu dieser Zeit auch als Wirtschaftsrasse empfohlen wurden, so wenig konnten sie sich dennoch gegen die damals aufkommenden ”Hühner aus Livorno” durchsetzen. Diese bildeten in ihrer weißen Variante die Weißen Leghorn, und die braune Varietät formte die heutigen Rebhuhnfarbigen Italiener. Ähnlich wie bei vielen anderen alten deutschen Rassen, auch hier wiederum unter Beeinflussung der Weltkriege und den gravierenden Veränderungen der Geflügelwirtschaft ab 1960, blieb dem Ramelsloher nur die schmale Sparte der Ausstellungszucht zum Überleben. Der Tiefststand dieser alten Traditionsrasse ist in den 1970er und zu Beginn der 1980er Jahre anzusetzen. Mit der Rückzüchtung des gelben Farbschlags ab 1985 durch A. Schweitzer aus Friedewalde, dem 1. Vorsitzenden des Sondervereins der Züchter des Ramelsloher Huhnes, und durch einige neue Züchter gelang es, einen kleinen Aufschwung in der Verbreitung dieser Rasse zu erreichen.
Die Ramelsloher Hühner haben einen relativ kleinen, sägeartig gezackten Stehkamm, der auf beiden Seiten von einer Reihe borstenartiger Federchen begrenzt wird. Der Kopf ist bei den weiblichen Tieren deutlich kleiner als beim Hahn. Der kräftige Schnabel ist markant blau getönt mit heller Spitze. Auffallend bei Hahn und Henne sind die tief dunklen, nahezu schwarzen Augen mit schwarzem Lidring, die so bei keiner anderen Rasse zu finden sind.
Die Ohrscheiben der Rasse sind bläulich getönt, besonders bei den Hennen findet sich hier ein intensives Blau, das in älteren Beschreibungen sehr treffend als ”vergißmeinnichtähnlich” herausgestellt wird. Der stolz aufgerichtete Hals geht in einen eine kräftige Walzenform bildenden Rumpf über. Dieser wird beim Hahn leicht abfallend und bei der Henne waagerecht getragen. Die mittellangen, nicht zu groben Läufe deuten die auch früher schon gewünschte leichte Tendenz zu eher feinknochigem Skelett an. Die schieferblaue Lauffarbe und die weißen Zehnägel - hier ergeben sich Parallelen zur Schnabelfärbung - sind charakteristisch für die Ramelsloher. Es muss an dieser Stelle besonders hervorgehoben werden, dass die intensive Blautönung von Schnabel und Läufen ein absolutes Rassekennzeichen ist, dass sich bei den weiblichen Rassevertretern auch bis in das Kammblatt und in die Gesichtshaut fortsetzen kann. Dieses Charakteristikum, dass sich sonst bei keiner Rasse findet, gilt es unbedingt zu erhalten. Das straff anliegende Gefieder streicht die Wetterfestigkeit heraus.
Der Hahn wiegt zwischen 2,5 und 3 kg, die Henne etwa 2 bis 2,5 kg. Der Ringdurchmesser beträgt beim Hahn 20 und bei der Henne 18 mm. Damit stellt sich das Ramelsloher Huhn als mittelschwere Rasse vor, die auch das geschätzte Attribut Winterleger führt. Das Bruteimindestgewicht wird mit 56 g angegeben. Die Eigewichte schwanken aber von 50 bis deutlich über 60 g. Von dieser Zweinutzungsrasse kann man jährlich etwa 150 weiße oder auch leicht cremefarbene Eier erwarten. Einige wenige Tiere aus der Zucht des Autors dieser Zeilen überschritten auch die 200er Grenze. Der Bruttrieb ist teilweise noch vorhanden, aber nicht übermäßig ausgeprägt. Mit den zwei vorhandenen Farbschlägen findet sich nur eine begrenzte Farbpalette. Die temperamentvollen Tier werden gegenüber dem Halter und Züchter sehr zutraulich. Bei guter Wetterhärte sind sie anspruchslos und bei Auslauf auch fleißige Futtersucher. Die relativ gute Legeleistung und rassetypischer Fleischansatz kennzeichnen die Ramelsloher als interessante und empfehlenswerte Zweinutzungsrasse des norddeutschen Raumes.
Die Rahmelsloher sind heute bundesweit verbreitet mit einem lokalen Schwerpunkt in Norddeutschland. Nahe ihrem Ursprungsgebiet, in Hamburg bzw. im Hamburger Umland sind heute noch zwei Züchter aktiv. Im bereits erwähnten Sonderverein der Züchter des Ramelsloher Huhnes züchtet eine kleine Schar von zehn aktiven Züchtern diese alte Traditionsrasse in beiden Farbschlägen. Etwa eine Handvoll weiterer Züchter bemüht sich bundesweit auch bei der Präsens der Rasse im Ausstellungskäfig, zusätzlich noch einige Züchter aus den Reihen der GEH-Interessierten. Insgesamt sind wohl nicht mehr als rund 20 Bestände dieser Rasse vorhanden. Abschließend lässt sich das Ramelsloher Huhn als eine der bestandsgefährdetsten Rassen herausstellen, und es sind zu seiner Erhaltung noch intensivste Bemühungen erforderlich.
Im Jahr 2005 wurden bundesweit 56 männliche und 270 weibliche Tiere registriert.Ein Informationsservice der GEH e.V.
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