Die Gefährdete Nutztierrasse des Jahres 2003: Spitze (Groß-
und Mittelspitz) und der Deutsche Pinscher stellen als die Gruppe der Haus- und
Hofhunde die Gefährdete Nutztierrasse des Jahres 2003 dar. Im Vergleich zu den
bisher in der Roten Liste der GEH geführten Altdeutschen Hütehunde sind es
nach dem VDH (Verband für das Deutsche Hundewesen) und der FCI (Federation
Cynologique Internationale) anerkannte Rassehunde. Der Großspitz wurde in die
Kategorie „Extrem gefährdet“, der Mittelspitz in „stark gefährdet“ und
der Deutsche Pinscher in der Rubrik „gefährdet“ aufgenommen. Beim Großspitz,
insbesondere beim schwarzen Farbschlag, stehen fast nur noch miteinander
verwandte Hunde zur Verfügung. Beide Rassen haben (hatten) einen engen Bezug
zur Landwirtschaft und eignen sich heute in vielfältiger Weise für
Erfordernisse auf Bauernhöfen und Ansprüche hundefreundlicher Familien.
Die Spitze Spitzartige Haushunde sind die älteste Form des Haushundes in Europa und eine der ältesten Rassen der Welt. Im Mittelalter bis weit in das 20. Jahrhundert hinein waren Spitze vom täglichen Leben auf dem Bauernhof nicht wegzudenken. Sie zeigen keine Neigung zum Streunen und sind als ausgezeichnete Wächter unbestechlich. Die hohen Jagdherren sahen Spitze gerne bei „ihren“ Bauern, da diese nicht nur von sich aus keine Jagdleidenschaft zeigten, sondern sich auch zum Jagen nicht ausbilden ließen. Hingegen berichtet ZIMEN (1992), daß es in Skandinavien Spitze gab, die sowohl zum Wachen als auch zur bäuerlichen Jagd eingesetzt wurden. Nach KRÄMER (2002) bewährte sich der Großspitz auch als „Hütespitz“ für die Nutztiere des Hofes, wobei hier eher das „Behüten und Bewachen“ von Haus, Hof und Vieh gemeint sein dürfte und weniger die klassische Hütearbeit im Feld. Ratten und Mäuse werden vom Spitz nicht geduldet und werden verfolgt. Im Vergleich zum Deutschen Pinscher waren Spitze um die Jahrhundertwende noch weit verbreitet: „Wir brauchen nur einen Schritt auf die Straße zu tun, so wird es sicher nicht lange dauern, daß wir einen spitzartigen Hund zu sehen bekommen, dies mag nun sein wo es will, von Petersburg angefangen, bis Italien hinab“ (STREBEL, 1904). Diese Auffassung wird dennoch nicht überall geteilt; so beklagt u. a. TH. HERING in seiner 1875 erschienenen Publikation, dass die Blütezeit der „ächten, guten Spitzer“, vor allem als unverzichtbare Begleiter der Fuhrwerke, vergangen sei. Der weiße Großspitz
war auf Grund seiner eleganten Erscheinung eher in vornehmen und gutbürgerlichen
Gesellschaftskreisen zu finden. An den Küsten der Nord- und Ostsee war
ebenfalls weitgehend der weiße Spitzschlag zu finden. Vor allem in Baden-Württemberg
hielten sich insbesondere die schwäbischen Weinbauern schwarze Großspitze,
deren typische Aufgabe es war, die reifen Trauben in den Weinbergen vor vier-
und zweibeinigen Naschern zu schützen. Dadurch erlangte der „Weinbergspitz“
in Süddeutschland Bedeutung. Der kleinere
Mittelspitz stellt die klassische Spitzgröße dar, die wohl in früheren
Jahrhunderten der Standard war. Er war bei Handwerkern, Fuhrleuten, Kleinbauern
und beim einfachen Volk vor allem als Wachhund verbreitet (Verein für Deutsche
Spitze, 1998). Auch Wilhelm Busch greift für seine Witwe Bolte auf einen weißen
Mittelspitz zurück. Großspitz Schulterhöhe:
42 – 50 cm Farbe:
schwarz, weiß, braun (wahrscheinlich ausgestorben) Wurfzahlen: Zuchttiere: 5 Hündinnen, 6 Rüden In Deutschland
gibt es nur noch eine aktive Züchterin von schwarzen Großspitzen! Insgesamt
existieren eine Zuchthündin und 2 Zuchtrüden! Zur Rettung des Genpools werden
momentan im Deutschen Spitzverein die Verpaarung von schwarzen mit weißen Großspitzen
erlaubt. Bisher fiel aus dieser Kombination ein Wurf in der Schweiz, leider nur
mit einem schwarzen Rüden. Für schwarze Großspitzwelpen sollten insbesondere
Käufer gesucht werden, die mit diesen Hunden auch gezielt züchten möchten. Für weiße
Großspitze gibt es momentan noch 4 Züchter, mit 4 Zuchthündinnen und 4 Zuchtrüden.
Ebenfalls eine beängstigend schmale Basis zur Erhaltung und Verbreitung der
Rasse! Mittelspitz Schulterhöhe:
30 – 38 cm Farbe:
schwarz, weiß, braun, orange, graugewolkt, neufarben Wurfzahlen:
von 1997-2001: 168 Welpen Zuchttiere: 25 Hündinnen, 10 Rüden
Der Deutsche Pinscher Seit Beginn
der Rassehundezucht in Deutschland vor rund 100 Jahren haben sich die Pinscher
kaum verändert. Schon H.G. REICHENBACH berichtet schon 1836 von dem „glatten
Pinscher“ die als „nette Hunderasse“ in Deutschland den Mops verdrängt.
Bei BECKMANN (1894) werden die glatt- und die rauhaarigen Pinscher beschrieben
und bereits hier sind die glatthaarigen Pinscher wesentlich seltener als die
rauhaarigen Geschwister (beide Varianten konnten in einem Wurf fallen). Hätte
sich in den 50er Jahren nicht Herr Werner Jung, um die Erhaltung der Rasse bemüht
und auch zu einer neuen Blüte verholfen, wären diese ehemaligen Stallhunde
heute nicht mehr vorhanden. Nach achtjähriger Pause wurde in 1958 wieder der 1.
Wurf gemeldet. Noch heute werden die mittlerweile getrennten Rassen gemeinsam im
„Pinscher – Schnauzer-Klub“ geführt. Zu den Pinschern gehört ebenfalls
der extrem seltene Affenpinscher, der jedoch in seiner Funktion als reiner
Begleithund nicht in der Roten Liste der GEH geführt wird. Über die
genaue Herkunft des Deutschen Pinschers weiss man wenig. Bereits seit dem
vorletzten Jahrhundert wird darüber gestritten, ob Pinscher und Schnauzer von
englischen Terriern abstammen oder umgekehrt. Pinscher wurden gerne zur
Vertilgung von Raubzeug (Ratten und Mäuse) gehalten und als Stall- und
Kutschenhunde um die Jahrhundertwende auf bald jedem Hof anzutreffen. Daher
stammen auch Lokalbezeichnungen wie
„Stallpinscher“ und „Rattler“, die zunächst wenig anziehend klingen,
doch eigentlich eine Auszeichnung darstellen, sind diese kleinen, robusten,
wendigen und mutigen Hunde doch in der Lage mit dem cleveren und wehrhaften Überlebenskünstler
Ratte fertig zu werden. Die Pinscher
sollten sich als „Rattler“ weitgehend selbst ernähren. Streunen durften
die Stallhunde nicht, somit wurde auch auf die Eigenschaft der Reviertreue
selektiert. MORGAN (1910) bezeichnet ihn allerdings als leidenschaftlichen
Wilddieb. Größere, rauhaarige Pinscher spielten bei den Fuhrleuten eine
wichtige Rolle. Solange der Pinscher auf dem Fuhrwerk saß, konnten die Kutscher
ruhig abwesend sein. Es wagte niemand Pferd und
Wagen anzurühren (KRÄMER, 1993). Hier erfüllten Spitz und Pinscher
dieselbe Funktion, für die Ausdauer und unermüdliche Wachsamkeit notwendig
sind. Der offenbar weit verbreitete Gebrauchshund wurde jedoch im offiziellen
Zuchtwesen um die Jahrhundertwende nicht mehr bearbeitet, da BECKMANN (1894) von
dieser „zurückgebliebenen Rasse“ fast keine Exemplare mehr auf
Ausstellungen sieht. Er ruft indirekt zur Bildung eines Spezialklubs für die
„am meisten vernachlässigten und mißverstandenen aller deutschen
Hunderassen“, der kurz- und rauhaarigen Pinscher (Schnauzer), auf. Selbiger Autor sieht im kurzhaarigen Pinscher jedoch keine
Bedeutung als Gebrauchshund. Heute ist der
Pinscher ein anpassungsfähiger Familienhund der sowohl für aktive
Stadtmenschen als auch für das Leben auf dem Bauernhof geeignet erscheint (KRÄMER,
1992). Fremde können auch heute nicht unbemerkt sein Anwesen betreten, der
Pinscher schlägt an - ohne jedoch ein Kläffer zu sein. Die Jagdlust ist
individuell mehr oder weniger stark ausgeprägt, ebenso die Neigung zum eigenständigen
Erkunden der Gemarkung. Er ist ein sparsamer Beller, sehr aufmerksam, in der
Wohnung ruhig, draußen dafür sehr temperamentvoll. Gutartiger Charakter,
Spiellust, Ausdauer und Widerstandfähigkeit sprechen für seine Vielseitigkeit
und machen den agilen Hund zu einem idealen Reitbegleithund, der auch im
Hundesport, wie Agility, die Blicke auf sich lenkt. Deutscher Pinscher Schulterhöhe:
45 – 50 cm Gewicht:
13-18 kg, gerne etwas schwerer Farbe:
Schwarz mit roten Abzeichen; Rot (etwa 20 % der Hunde)
Wurfzahlen:
von 1994 bis 2001: zwischen 140 und 203 Welpen jährlich, davon zwischen
16 Zuchttiere: 40 Hündinnen
Resüme Pinscher wie
Spitze sind selbständige, selbstbewusste Persönlichkeiten. Sie brauchen den Familienanschluss
und wollen überall dabei sein. Sie lernen schnell und sollen, wie andere Hunde
auch, von klein auf konsequent – dabei liebevoll !! - erzogen werden. Für
Aktivitäten sind sie stets zu haben. Hat der Spitz eine Aufgabe, z.B. als
Bewacher des Hofes, kann er auch einmal auf seinen Spaziergang verzichten.
Spitze und Pinscher sind anpassungsfähige, vielseitige und „praktische„
Rassen, die zu Unrecht vergessen werden und viele Bauernhöfe und Familien
begeistern können. Es ist zu wünschen,
dass durch die Ernennung zur Gefährdeten Nutztierrasse des Jahres 2003 für
diese typischen Haus- und Hofhunde wieder neues Interesse geweckt wird, das
ihnen zu einer stabileren Zuchtbasis verhilft und diese Rassen langfristig
sichert.
|
|
Weitere Informationen finden Sie unter: Rassekurzbeschreibungen Hunde
Kontakte: Großsspitz:
Christa Raddatz, Tannhöfer Allee 15, 19061 Schwerin, 0385-5571128 |
|
|
|
Geschäftsstelle
(GEH) - Tel.: 05542/1864 |