Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter
Haustierrassen e.V. (GEH)
Schwerpunkt - Schweine |
Dr. Jürgen Güntherschulze, Warder
Die Empfehlungen zur Förderung gefährdeter Nutztierrassen in
Schleswig-Holstein durch den Arbeitsausschuß zur Erhaltung der genetischen
Vielfalt bei landwirtschaftlichen Nutztieren der Deutschen Gesellschaft für
Züchtungskunde e.V. (Vorsitzender Herr Prof. Dr. H. O. Gravert) beinhalten, daß
unter den Schweinerassen die Angler Sattelschweine gefördert werden sollen, und
zwar sowohl in der schwarzen als auch in der roten Farbzeichnung. Letztere werden
auch als Husumer Schweine bezeichnet.
Dies ist so in der Züchtungskunde Bd.
67, 5/1995 veröffentlicht und ebenso in der Arche Nova der GEH in der
Zeitschrift "Unser Land", Heft 2/96.
Durch diese Empfehlung ist eine
Neuauflage der kontrollierten Zucht und besonders der Landesförderung dieses
robusten Farbschlages des Angler Sattelschweins möglich geworden. Durch die
züchterische Arbeit seit 1984 für die Erhaltung des Rotbunten Husumer Schweins
durch Herrn Dr. Jürgen Güntherschulze, seinerzeit Direktor des Tierparks
Neumünster und heute des Haustier-Schutzparks Warder, konnte ein nennenswerter
Restbestand dieser Schweine bis heute gerettet werden.
Die Rotbunten Husumer Schweine sind großrahmig. Die Farbverteilung entspricht
der des Angler Sattelschweins, jedoch mit weißem Sattel auf roter Grundfarbe,
bei älteren Tieren dunkelt die rote Farbe häufig nach; teilweise Stehohren.
Eber haben eine Schulterhöhe von 92 cm und Sauen von 84 cm. Das Gewicht beträgt
bei Ebern 350 kg, bei Sauen 300 kg. Die Rotbunten Husumer sind in ihren
Eigenschaften robust, genügsam, winterhart und zeigen gute Muttereigenschaften.
Sie
sind nur in Schleswig-Holstein verbreitet.
Wahrscheinlich ist die Rasse aus zwei Linien hervorgegangen:
Rotbunte Husumer Sauen mit Ferkeln (Foto: Dr. Jürgen Güntherschulze) |
Schon vor der Jahrhundertwende tauchten insbesondere im Raum Husum entlang der schleswig-holsteinischen Westküste Schweine in rotbunter Färbung auf. Da ihr Rot-Weiß-Rot den dänischen Nationalfarben entspricht, wurden kleine Bestände von der dänischen Minderheit, die in dieser Region lebt, als Symbol für ihre völkische Eigenständigkeit gehalten. Andere Züchter hielten die Tiere als Besonderheit neben den bis nach dem Zweiten Weltkrieg noch sehr verbreiteten schwarzweißen Angler Sattelschweinen. Ausgewählte Tiere bildeten bald darauf die Grundlage verschiedener, über Schleswig-Holstein verteilter Zuchten. Herr Dr. Hans Wittmarck/Bad Oldesloe, der seinerzeit selbst Rotbunte Husumer Schweine gehalten und am Zuchtbuch für diesen Rasseschlag mitgearbeitet hat, erwähnt, daß schon im vorigen Jahrhundert die Rotbunten Schweine nach schwäbisch-hällischem "Design" aktenkundig waren. Leider sind die schriftlichen Unterlagen über die Entstehung der Rasse und die Herdbuchdaten bei einem Brand verlorengegangen. Um 1916/17 tauchten verstärkt rotbunte Schweine als Farbvarianten des Angler Sattelschweins auf; kurze Zeit später wurden englische Tamworth-Schweine zur Farbverstärkung eingekreuzt, was jedoch mit häufigem Auftreten von Stülpzitzen bei Sauen verbunden war. Daher nahm man die englische Rasse kurze Zeit später wieder aus der Zucht heraus. Außerdem sollen Vorläufer des DL-Schweins eingekreuzt sein und sogar ein weißer Pietrain-Eber.
1954 wurde dann das Rotbunte Husumer Schwein als Rasse anerkannt und ein Herdbuch erstellt. Sitz des Verbandes war Husum. Trotz der hohen Attraktivität der sehr schön gezeichneten robusten Schweine ließen sich die häufig auftretenden untypisch ausfallenden Tiere nicht absetzen. Wie alle anderen alten Rassen wurden die Rotbunten Schweine von den modernen Rassen verdrängt. Der letzte Geschäftsführer für die letztlich verbliebenen fünf Herdbuchzüchter war Herr Pruys aus Helle/Schleswig-Holstein. 1968 wurde auf der Kreistierschau in Rendsburg zum letzten Mal eine Sau mit Ferkeln gezeigt.
Auf der Grünen Woche 1984 in Berlin tauchten erstmals wieder einige rotbunte Schweine auf, die im Phänotyp dem Rassebild entsprachen. Sie wiesen korrekte Sattelzeichnung auf; kleine schwarze Flecken am Körper zeigten jedoch die Mischerbigkeit dieser Schweine. Aufzeichnungen über das Schicksal der Rasse und ihres Verbleibes zwischen dem Abschluß des Herdbuches im Jahr 1968 und der "Wiederentdeckung" 1984 fehlen leider. Sämtliche in Berlin gezeigten Tiere wurden vom Zoo Berlin und zum größeren Teil von Dr. Güntherschulze erworben und weitergezüchtet. Ein Blutaustausch zwischen den beiden Beständen fand statt.
Letzterer rief noch 1984 eine "Interessengemeinschaft Rotbuntes Husumer Schwein" ins Leben, die mit 14 Haltern und Züchtern dafür sorgte, daß die mischerbigen Tiere durch strenge Zuchtwahl heute äußerlich wieder dem Rotbunten Husumer Schwein entsprechen. Durch Züchtung unter den Bedingungen gezielter extensiver Haltung konnte auch ihre enorme Vitalität bis heute erhalten werden.
Seit der Rasseschlag Rotbuntes Husumer Schwein für die Förderung durch das Land Schleswig-Holstein vorgeschlagen worden ist, bemühte sich 1996 eine Gruppe von Züchtern, wiederum unter der Federführung von Dr. Güntherschulze, um die Schaffung eines Fördervereins, der u. a. die kontrollierte Kenn–zeichnung der Zuchttiere gewährleistet und die Vermarktung unterstützen soll. Am 03.05.1996 wurde auf Hof Lütjensee (Eigentümer G. Fielmann) der "Förderverein Rotbuntes Husumer Schwein e.V." von 16 interessierten Züchtern und Haltern gegründet. Eine parallele Umfrage über die noch vorhandenen Zuchtbestände des Rotbunten Husumer Schweins ergab 14 ernsthaft interessierte Züchter mit insgesamt 14 Zuchtebern sowie 36 Zuchtsauen. 58 weitere typvolle jüngere Tiere und 35 nicht näher bezeichnete Jungtiere wurden ebenfalls registriert. Dies ergab einen Gesamtbestand von 143 Tieren am 03. Mai 1996. Zwar ist der Zuchttierbestand gering, aber die Erfassung ergab ein günstiges Geschlechterverhältnis von 1 : 2,5 Eber zu Sauen.
Die offizielle Kennzeichnung und Erfassung der jetzigen und künftigen Bestände werden ab 1996 vom Schweineherdbuchzuchtverband Schleswig-Holstein und dem Zuchtleiter des Fördervereins durchgeführt. Die offizielle Bezeichnung des Rasseschlages im Schweineherdbuch lautet: Deutsches Sattelschwein - Abteilung Rotbuntes Husumer Schwein. Seit dem 24. September 1996 werden die Zuchtbestände bei sämtlichen Züchterkollegen des Fördervereins erfaßt, gekennzeichnet und ausgewählt.
Die Landesförderung, deren Vorbedingung die Erfassung des Rotbunten Husumer Schweins im Herdbuch ist, erfolgt wie beim Angler Sattelschwein mit einem Zuschuß von 50 DM/Monat pro Jungsau und 30 DM/Monat pro Eber. Die Vermehrung wird mit 150 DM/Wurf gefördert. Ankaufsbeihilfen von bis zu 1000 DM pro Eber und bis zu 500 DM pro Sau für erstmalige Ankäufe aus Schleswig-Holstein sind geplant, ebenso eine Erhöhung des Eberhaltungszuschusses auf 50 DM/Monat (Stand 1996).
Ein Informationsservice der GEH e.V.
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