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Schwerpunkt - Pferde


Der Senner - die älteste Reitpferdezucht in Deutschland


Mathias Vogt, Uslar

Der Senner

Zuchtgeschichte

Die karge Heidelandschaft zwischen Paderborn und Bielefeld in Ostwestfalen - die Senne - stand Pate bei der Namensgebung dieser Rasse. Der Ursprung des Senner-Pferdes läßt sich nicht genau bestimmen, aber die ersten urkundlichen Hinweise in einer Schenkungsurkunde aus dem Jahr 1160 sowie verschiedene Quellen aus dem Mittelalter bestätigen große Pferdeherden in diesem Gebiet. Dabei handelte es sich zumindest um wildlebende Pferde in sogenannten halbwilden Gestüten, die bis Anfang des 19. Jahrhunderts in Westfalen existierten. Diese wildlebenden Pferde ließen sich auf den Tarpan - die Stammform der Hauspferderassen - bzw. dessen Nachkommen, die bei den germanischen Stämmen dieses Gebietes (Cherusker) teilweise unter dem Einfluß edler, orientalischer Rassen der Römer gehalten wurden - zurückführen. Rezente Merkmale des Tarpans finden sich auch heute noch beim Senner-Pferd; dazu gehören der entlang der Rückenlinie verlaufende Aalstrich, und die teilweise im frühen Fohlenalter erkennbare Zebrierung an den Unterarmen der Vorderbeine.

Von diesen Gestüten hielt sich vergleichbar mit der damaligen Form nur die Dülmener Wildbahn (vergl. Dülmener Pferd), während der Senner unter den kargen Bedingungen der Waldweide schon im Mittelalter zu einer Kulturrasse weiterentwickelt wurde.

Die Senner-Population war nie sehr groß (ca. 40 Zuchtstuten im langjährigen Mittel), da die etwa 20.000 ha Sennefläche nur eine begrenzte Anzahl Pferde ernährte, und aus dieser Rasse - als Privatzucht des Fürsten zur Lippe in Detmold - im wesentlichen der Bedarf an Reit- und Wagenpferden für den herrschaftlichen Marstall remontiert wurde.

Die Senner waren im Mittelalter als Streitrosse sehr geschätzt, aber auch Hengste dieser Rasse wurden in anderen Gestüten gerne zur Zucht eingesetzt. So verwendeten das berühmte Gestüt Lipizza und das königliche Gestüt Weil in Baden-Württemberg Senner-Hengste.

Während im ausgehenden Mittelalter bis zum barocken Zeitalter neben den Hengsten aus eigenem Stamm in erster Linie spanische und andalusische Pferde als Deckhengste eingesetzt wurden, erfolgte ab Ende des 17. Jahrhunderts der erste Einsatz von Arabischen Vollblütern. Bis in die heutige Zeit betonte die Kombination des arabischen Vollblutes und - seit Ende des 18. Jahrhunderts - des Englischen Vollblutes den Typ der Senner-Rasse.

Wegen der geringen Populationsgröße kamen nicht nur Hengste aus der eigenen Zucht zum Einsatz, obwohl sich die in der Senne gezogenen Hengste in der Regel besser vererbten als die importierten Hengste. Die karge Aufzucht auf dem Heidesand wirkte positiv als Selektionsmerkmal bei der teilweise recht engen Linienzucht des Senner-Pferdes.

Auf vier Stammstuten lassen sich die Senner zurückführen. Davon existieren heute nur noch Nachkommen der Stammstute David (geb. 1725). Ältere Aufzeichnungen wurden leider durch einen Brand der Gestütsgebäude 1945 vernichtet. Bis zur Enteignung des Fürsten zur Lippe in Detmold im Jahr 1919 betrieben die lippischen Landesherren die Sennerzucht mit wechselndem Engagement, wobei eine deutliche Reduzierung des Pferdebestandes ab etwa 1870 erfolgte.

Von 1919 bis 1935 wurden die Senner unter der Obhut des Verbandes Lippischer Pferdezüchter weiter gefördert. Von 1935 bis in die heutige Zeit haben dann einige wenige engagierte Privatleute diese Edelpferdezucht aufrecht erhalten.

Bemerkenswert bei dieser Rasse und einmalig in der deutschen Pferdezucht ist, daß im Verlauf der gesamten Zuchtgeschichte immer das Zuchtziel Reitpferd im Vordergrund gestanden hat. Die großen Bestandsreduzierungen erfolgten zu Zeiten, als Reitpferde nicht gefragt waren. Dazu gehört die Zeit ab 1870 mit Industrialisierung und intensiverer Landwirtschaft, die vorzugsweise ein Schrittpferd für den schweren Zug forderte, und die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg.

Die heutigen Nachkommen der Senner-Rasse behaupten sich im Turnier- und Freizeitsport.

Rassetypische Merkmale und Leistung

Der Senner ist durch eine mittlere Größe (1,58 bis 1,67 m Widerristhöhe) und betonten angloarabischen Typ gekennzeichnet. Er ist ein hartes, genügsames Pferd mit langen Linien und guten Reitpferdepoints. Der Widerrist ist ausgeprägt und das Fundament hart, klar und dabei nicht zu fein. Die Fruchtbarkeit der Rasse ist sehr gut. Vorzugsweise finden sich die Farben braun und Schimmel, seltener der Fuchs. Einige Rassevertreter weisen als rezente Merkmale den Aalstrich auf.

Die Senner erbringen ihre Leistung in erster Linie unter dem Sattel als Reitpferd. Der Springsport und der Vielseitigkeitssport bilden neben dem Freizeitsport die Domäne des Senner-Pferdes.

Derzeitige Situation und Ausblick

Der Bestand des Senners liegt im Jahr 2006 bei 22 Pferden. Das Jahr 2007 brachte 2 Fohlen, die im Rahmen des ersten offiziellen Termins des im Jahre 2006 gegründeten Zuchtverbandes für Senner Pferde e.V. registriert werden konnten. Trotz der geringen Anzahl der Pferde, sind bei gegebenen Absatzverhältnissen die Aussichten zum Erhalt der Rasse als eher günstig zu beurteilen.


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