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Schwerpunkt - Pferde


Rheinisch-Deutsches Kaltblut - Ein erhaltenswertes Kulturgut


Mathias Vogt, Uslar

Rheinsch-Deutsches Kaltblut

Zuchtgeschichte

Ab Mitte des vorigen Jahrhunderts erfolgte im gesamten deutschen Sprachraum die Aufstellung von Hengsten schwerer Zugpferderassen aus den europäischen Nachbarländern. Jütländer aus Dänemark, Holländer, Belgier, verschiedene Rassen aus Frankreich und auch englische Zugpferderassen

(Suffolk Punch, Shire und Clydesdale) sollten über ihre Nachzucht die benötigten Zugpferde liefern. Aber dieser Einsatz unterschiedlicher Rassen brachte, teilweise durch Akklimatisationsschwierigkeiten bedingt, die aufstrebende Zucht schwerer Zugpferde nicht so voran, wie dies gewünscht wurde, da eine einheitliche Linie fehlte.

Im rheinischen Landgestüt Wickrath erschienen 1876 die ersten Belgier im Beschälerbestand, und 1880 deckten dort 50 belgische Hengste 2526 Stuten. Die Gründung des Belgischen Stutbuchs im Jahr 1885 in Brüssel brachte für die Zucht im Rheinland entscheidende Impulse, und im Jahr 1892 erfolgte die Gründung des Rheinischen Pferdestammbuchs.

In anderen Ländern des deutschen Sprachraumes ging man mit der Aufstellung belgischer Hengste sehr viel langsamer vor. Ein Beispiel aus Westfalen mag dies verdeutlichen: 1881 hielten die ersten Originalbelgier Flick und Flock im Landgestüt Warendorf Einzug. Es folgten Gig und Geck, Klipp und Klapp. Die Namensgebung illustrierte, daß die Leitung des Gestütes in diese Hengste keine großen Hoffnungen setzte und hier nur dem Drängen der Züchter nachgab. Bereits um die Jahrhundertwende waren in Warendorf dann aber 50 Beschäler dieser Rasse im Einsatz.

Das Zuchtziel für die Provinz Rheinland wurde 1892 wie folgt festgesetzt: "Ein kräftiges, gut gebautes, tiefes Pferd kaltblütigen Schlages mit starken Knochen und freien Bewegungen."

Wegen der ähnlichen Aufzuchtsbedingungen mit entsprechender Futtergrundlage in Belgien und im Rheinland, entschloß man sich in der Rheinprovinz auf Basis der Belgier zu züchten. So schufen die Züchter das Rheinisch-Deutsche Kaltblutpferd, weshalb das Rheinland später auch als Keimzelle der deutschen Kaltblutzucht bezeichnet wurde. Von 148 Stuten im Gründungsjahr 1892 entwickelte sich der Kaltblutstutenbestand auf 26990 im Jahr 1946. Die Rheinisch-Deutsche Rasse hatte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ihre Glanzzeit. Teilweise bis zu 700 Junghengste erschienen auf den jährlichen Körungen; Bestandszahlen, die heute kaum noch vorstellbar sind.

Die Zucht des Rheinlandes und ihre frühen Erfolge auf großen Landwirtschaftsausstellungen zur Zeit der Jahrhundertwende beeinflußte die Entwicklung fast aller Zugpferdezuchten des deutschen Sprachraumes. Lediglich südlich der Mainlinie entwickelten sich keine Nachzuchtgebiete der rheinischen Zucht.

Obwohl man das damalige Ostpreußen eigentlich eher mit dem eleganten Trakehner in Verbindung bringt, wies diese Provinz 1944 mit 83000 nur von den 1600 Privat- und Genossenschaftshengsten gedeckten Stuten - die von staatlichen Hengsten gedeckten Stuten sind hier noch nicht einmal berücksichtigt - den höchsten Kaltblutzuchttierbestand aller Provinzen auf. Nach Anfängen mit verschiedenen Kreuzungen hatte man auch hier auf die Belgier bzw. rheinische und provinzialsächsische Kaltblüter zurückgegriffen.

Aber nicht allein das Rheinland hatte eine qualitätsvolle Kaltblutzucht. Nur kurze Zeit nach Gründung des Rheinischen Pferdestammbuchs erfolgte im Jahr 1899 in Halle/Saale für die Provinz Sachsen (heute Sachsen-Anhalt) die Gründung des "Verbandes für die Zucht des Schweren Arbeitspferdes in der Provinz Sachsen". Die englische Rasse der Shire machte in dieser durch intensivste Ackernutzung gekennzeichneten Region den Anfang, bevor auch hier die Belgier zum Einsatz kamen. Lange Jahre bestimmten immer wieder sehr qualitätsvolle Hengste aus der belgischen Heimat die Zucht in Sachsen-Anhalt. Die Shire-Zucht hielt sich hier sehr lange, und der Einfluß dieser englischen Hengste war bis in die1930er Jahre nachweisbar. Der starke Fesselbehang, der den Shire so unverwechselbar macht, war wegen des erhöhten Pflegeaufwandes und der Anfälligkeit für Mauke sicherlich ein wichtiger Grund für das Verlöschen der Shire-Zucht in der Provinz Sachsen.

Nachdem die Rheinprovinz einen Vorsprung vor den anderen Zuchtgebieten hatte, bildeten in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts aber auch andere Zuchtgebiete allmählich eine ernstzunehmende Konkurrenz auf den DLG-Schauen. Bezeichnenderweise Zuchtgebiete mit intensivstem Ackerbau (Zuckerrüben) auf Lößstandorten übertrafen mit ihrer Qualität die Pferde aus der Rheinprovinz. Zu diesen Zuchtgebieten zählten damals Sachsen-Anhalt - wie bereits oben erwähnt - und auch Südhannover-Braunschweig. Nicht nur die Züchter der Rheinprovinz importierten gute Zuchttiere aus Belgien, sondern auch alle anderen Zuchtgebiete folgten diesem Beispiel. Die qualitätsvollsten Stuten wurden zur Bedeckung durch gute Hengste nach Belgien geschickt; sicherlich ein Beweis für die Wertschätzung und die überragende Bedeutung des Zugpferdes zu dieser Zeit.

Kennzeichen der damaligen Zucht waren großrahmige, teilweise über 170 cm Stockmaß messende Pferde, die Körpergewichte von 1000 kg nicht selten überschritten. In allen Zuchtgebieten wurde Wert auf raumgreifende Bewegungen gelegt. Die einzelnen Zuchtgebiete des Zugpferdes auf Rheinisch-Deutscher Grundlage unterschieden sich nur geringfügig hinsichtlich Typ und Größe. Die größten und schwersten Vertreter dieser Rasse fanden sich im Rheinland und in Sachsen-Anhalt. Westfalen und die südlicheren Regionen des Verbreitungsgebietes wie Thüringen, Sachsen und Hessen - Gebiete mit Mittelgebirgscharakter und sehr waldreiche Regionen - bevorzugten einen etwas leichteren Typ. Trotzdem kamen aber auch hier sehr mächtige Hengste zum Einsatz, wie zum Beispiel in Westfalen die

Vererber Christal de Baele und Espoir de Melsele, die beide über 20 Zentner wogen, aber mit ihrer Nachzucht überzeugten. Durch die Ausstellungserfolge der 30er Jahre mit diesen schwereren Pferden aus dem Rheinland und Sachsen-Anhalt - die Konkurrenz der ersten Ackerschlepper und Ackerraupen machte sich bereits bemerkbar - versuchten die anderen Zuchtgebiete ebenfalls solche Pferde zu züchten. Die Entwicklungen zum zweiten Weltkrieg verhinderten hier aber umfangreichere Erfolge in der Zucht.

Ein Kennzeichen dieser Kaltblüter sowohl im belgischen Mutterland, als auch der daraus entstandenen Zucht des Rheinisch-Deutschen Kaltblutes in allen Verbreitungsgebieten des deutschen Sprachraumes ist die enge genetische Eingrenzung auf wenige Stammhengste gewesen. Eine maßvolle Inzucht auf qualitätsvolle Vatertiere war nicht selten, und führte relativ schnell zu sehr ausgeglichenen Beständen. Im Rheinland baute der Hengst Lothar III ab Anfang der 20er Jahre eine weitverzweigte Linie auf; 57 direkte und indirekte Nachkommen dieses Hengstes zogen in die Beschälerboxen des rheinischen Landgestüts Wickrath. Der Stamm des Orange I - Jupiter war vor allem über den Orange I - Urenkel Indig'ene du Fosteau und dessen männliche Nachzucht sehr verbreitet. So lassen sich so einflussreiche Hengste wie Avenir de Salmonsart in Westfalen und Gaulois du Monceau in Sachsen-Anhalt dieser Linie zuordnen. Der Hengst Avenir d`Herse, der in Belgien als der beste Sohn des Albion d`Hor angesehen wurde, entstammte - wie so viele bedeutende Hengste in Belgien - einer Halbgeschwisterpaarung. Er war 2x2 auf den Albion-Vater Conquerant de Terhaegen ingezogen.

Der Hengst Gregor von H. Hille, Beienrode im Kreis Göttingen sei hier als ein weiteres Beispiel angeführt. Der Züchter und Hengsthalter schickte in den 30er Jahren eine in Belgien erworbene Albion-Enkelin zur Bedeckung durch den Albion d`Hor-Sohn Gaulois du Monceau nach Sachsen-Anhalt. Der aus dieser Paarung entstammende Hengst Gregor war somit 2x3 auf Albion d`Hor ingezogen. Entgegen der allgemeinen Lehrmeinung war dieser Hengst trotz seiner Inzucht, durch die in der täglichen Arbeit mit ihm gemachten Erfahrungen, konstitutionell als einer der härtesten Hengste des Zuchtgebietes Südhannover anzusprechen.

Bei den Farben waren die verschiedenen Varianten der Schimmelfärbung vorherrschend, es folgten dann die Braunen, die heute sehr häufig gewünschte Fuchsfarbe war nur selten vertreten.

Der zweite Weltkrieg brachte auch bei den Rheinisch-Deutschen Kaltblütern sehr große Verluste. Ein kurzes Aufleben der Zucht von Arbeitspferden in der Nachkriegszeit konnte aber den Vormarsch der Motorisierung nicht aufhalten. In allen Verbreitungsgebieten der Rheinisch-Deutschen Kaltblüter erfolgte einedrastische Reduzierung, die hier stellvertretend - allerdings in der extremsten Form - für das Rheinland aufgezeigt werden soll. Das rheinische Landgestüt Wickrath wurde 1957 aufgelöst. Von den damals nach Warendorf überstellten rheinischen Landbeschälern wurden nur 19 Kaltblüter für den Deckeinsatz im Rheinland übernommen. Aber nur sieben dieser Hengste blieben über die Decksaison 1958 im Einsatz, da z. B. solche Hengste wie Faruk, der ein Stockmaß von 173 cm aufwies, weder in Westfalen noch im Rheinland einzusetzen waren.

Das Rheinische Pferdestammbuch wies dann im Jahr 1975 den absoluten Tiefststand beim Rheinisch-Deutschen Kaltblut auf. 13 Mitglieder hielten zu dieser Zeit 11 eingetragene Stuten und 2 Privathengste. Es erfolgten nur 3 Bedeckungen und 5 Neueintragungen. Im Rheinland, daß noch 8 Dekaden zuvor der Vorreiter zur Zucht schwerer Arbeitspferde war, befand sich diese Zucht kurz vor dem Untergang.

Auch die anderen Zuchtgebiete hatten diese drastischen Rückgänge im Bestand. Das Kaltblutpferd wurde nicht mehr benötigt. Teilweise erfolgte bereits zum Ende der 50er Jahre der Versuch einer Umzüchtung auf ein leichteres, beweglicheres Pferd mit einem Stockmaß um 160 cm. Als Beispiel mag dafür die Einkreuzung der überwiegend fuchsfarbenen Schweden-Ardenner in Westfalen herausgestellt werden.

Ende der 70er Jahre erfolgte eine Renaissance der Kaltblüter. Verstärkter Einsatz im Forst und zunehmend im Freizeitbereich ließ die Bestände wieder ansteigen. So waren in Sachsen-Anhalt 1978 noch 151 Stuten eingetragen, deren Zahl dann in den Folgejahren zwischen 200 und 400 schwankte. Im Rheinland betrug der Bestand im Jahr 1985 wieder 81 Stuten die alle von den 9 im Einsatz befindlichen Hengsten gedeckt wurden. Diese Bestandszahlen erinnern aber in keinem Fall an so imposante Zahlen wie die 700 zur Körung vorgestellten Junghengste zu den Glanzzeiten dieser Rasse.

In Ostdeutschland wurden die Bestände zwar drastisch reduziert, aber zuchtfähige Bestände, die sich aus der eigenen Population heraus regenerieren konnten, blieben erhalten. Der Import des belgischen Hengstes Vainqueur des Seigneur im Jahr 1988 unterstützte vorsichtig die genealogische Verbreiterung während des Bestandsaufbaus. In Westdeutschland waren in fast allen Zuchtgebieten die Bestände allein aus sich nicht regenerationsfähig. Lediglich Westfalen verfügte noch über einen Bestand Rheinisch-Deutscher Kaltblüter, der mit begrenztem Einsatz von Zuchttieren aus den Niederlanden und Belgien regenerationsfähig war. In Niedersachsen, das über die gesamte Zeit an der Namensgebung Rheinisch-Deutsch festhielt und nicht wie in Westfalen bzw. Hessen auf eine ähnliche Wortneuschöpfung wie Rheinisch-Westfälisch bzw. Hessisch verfiel, entschloß man sich zur Bildung verschiedener Abteilungen für die unterschiedlichen Rassen. Dort pflegt man bis heute ein kleine aber sehr qualitätsvolle Basis Rheinisch-Deutscher Stuten- und Hengstlinien, und bis 1982 deckte hier auch der lange Zeit einzige Hengst originalbelgischer Abstammung in Westdeutschland, der Hengst Avant. Niedersachsen war in den Nachkriegsjahren teilweise der einzige Verband der die Rheinisch-Deutsche Zuchtrichtung auf den DLG-Schauen vertrat. In der Qualität der westdeutschen Zuchten nimmt dieses Zuchtgebiet einen ersten Rang ein, wie dies auch auf der zweiten Bundeskaltblutschau 1993 in Berlin deutlich wurde.

Hessen und das Rheinland bauten ihren Kaltblutbestand über Importe aus den westeuropäischen Nachbarländern wieder auf. Die ursprünglich Rheinisch-Deutschen Blutlinien sind hier nur noch sehr spärlich vertreten, und teilweise leider mit genealogisch völlig unpassenden, fremden Rassen verkreuzt.

In Westfalen und Niedersachsen, mit einer kurzen Zwischenstation in Hessen, kam ab Mitte der 80er Jahre mit dem Hengst Romeo d`Hargi wieder ein Originalbelgier zum Einsatz. Dieser Hengst verkörperte aber genauso wie Vaiqueur des Seigneur in Sachsen-Anhalt nicht den schwersten Typ, wie er in den 30er Jahren gefragt war, sondern einen eher mittelrahmigen mit etwa 163 cm Stockmaß.

Eine kleine Gruppe Interessenten versucht besonders in Niedersachsen den großrahmigen Rheinisch-Deutschen Kaltblüter mit einem Stockmaß um 170 cm zu erhalten.

Mit den politischen Veränderungen der Jahre 1989/90 erfolgte in Ostdeutschland eine weitere Bestandsreduzierung. Teilweise nutzten Züchter aus Westdeutschland die hervorragenden Möglichkeiten des Rückgriffs auf bewährte Rheinisch-Deutsche Grundlagen, die in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Sachsen und Thüringen erhalten blieben.

Die Rheinisch-Deutschen Kaltblüter werden heute (1995) in folgenden 9 Bundesländern gezüchtet: Hessen, Sachsen, Thüringen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern.

Rassetypische Merkmale und Leistung

Die heute auf Basis belgischer bzw. Rheinisch-Deutscher Abstammung gezüchteten Kaltblüter zeigen in allen 9 Zuchtgebieten den Typ des Kaltblutpferdes, der auch zu Zeiten der Hochzucht dieser Rasse gefragt war. Kaliber und Rahmen liegen heute etwas unter den imposanten Maßen der belgischen Ahnen. Ausgesprochener Kaltblutadel mit einem trockenen Gesichtsausdruck und nicht zu viel Behang kennzeichnet heute diesen eher mittelschweren Kaltblüter, wobei Einzelexemplare wie z. B. der westfälische Landbeschäler Erland, der in Sachsen-Anhalt gezogen wurde, durchaus noch an die schweren Hengste der ersten 50 Jahre des 20. Jahrhunderts erinnern.

Ein harmonisches, korrektes Exterieur mit trockenen, klaren Gelenken und ebensolchem Fundament wird heute bei der Rheinisch-Deutschen Zuchtrichtung gewünscht. Die Bewegungen sollen raumgreifend und flüssig sein. Großer Wert wird auf eine gute Bewegung im Trab gelegt.

Leichtfuttrigkeit, guter Charakter und angenehmes Temperament sowie Arbeitswilligkeit sind die hervorstechenden Merkmale dieser Rasse.

Das gewünschte Stockmaß liegt heute zwischen 159 und 167 cm mit einem Röhrbeinmaß von 25 bis etwa 29 cm. Die Lebendgewichte liegen etwa zwischen 720 und 850 kg.

Bei den Farbschattierungen sind in den ostdeutschen Zuchten die verschiedenen Schimmelvariationen mit einem großen Anteil vertreten, während im westdeutschen Raum sehr häufig die Füchse bevorzugt mit hellerem Langhaar, und in jüngster Zeit die braunen Rassevertreter die Mehrzahl bilden. Dunkelbraune, Rappen und die früher so sehr gesuchten Rappschimmel finden sich nur noch selten bei den Kaltblütern auf Rheinisch-Deutscher Grundlage.

Der heutige Verwendungszweck dieses Kaltblutes hat sich ziemlich verändert. Vom schwersten Schrittzugpferd, mit vorrangiger Verwendung in intensivsten Ackerbaubetrieben und im schweren Fuhrgeschäft für die Industrie, erfolgte der Wandel zu einem mittelschweren Kaltblüter, der einen Teil seiner Arbeit heute im Trab erledigen muß. Heute gehören die bestandsschonende Arbeit im Forst und der Freizeitbereich mit Planwagen- und Ausflugsfahrten, sowie der private Hobbybereich zu den Hauptaufgaben dieser Kaltblutrasse. Vereinzelt erfolgt wieder ein Einsatz in der Landwirtschaft, wie z. B. in Spezialkulturen, Gartenbau- und Baumschulbetrieben für Pflegearbeiten, für die diese Rasse durch ihre Kraft, Ausdauer und die Bereitschaft zum Mitmachen (Arbeitswille) sehr gut geeignet ist.

Derzeitige Situation und Ausblick

Aufgrund der unterschiedlichen Entwicklungen von 1945 bis 1989 sind die Bestände des Rheinisch-Deutschen Kaltblutes in allen 9 Zuchtgebieten quantitativ und qualitativ nicht so ausgeglichen, wie dies auf den großen Ausstellungen der 30er Jahre zu sehen war. Die Zuchttierbestände in den Bundesländern Hessen, Sachsen, Thüringen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern lassen sich insgesamt auf etwa 680 Zuchtstuten und rund 70 Hengste beziffern, wobei Westfalen mit rund 200 Stuten den Höchstbestand aufweist, während Schleswig-Holstein mit etwa 10 Zuchttieren den niedrigsten Bestand aller Bundesländer aufweist.

Weitere Bestandsreduzierungen, vor allem mit Blick auf die allgemeine Situation des gesamten Pferdemarktes mit seinen Absatzschwierigkeiten, und die damit zwangsläufig einhergehende genetische Einengung des Bestandes bedürfen der besonderen Aufmerksamkeit der Zuchtverantwortlichen und nicht zuletzt auch der Unterstützung der öffentlichen Hand zum Erhalt des Kulturgutes der Rheinisch-Deutschen Kaltblüter, mit deren Hilfe ein wesentlicher Beitrag zur allgemeinen Entwicklung der letzten 100 Jahre in Deutschland geleistet wurde.

Besonders muß bei dieser Rasse auf folgendes geachtet werden:

Neben der oben bereits erwähnten Beachtung der Erhaltung der genealogischen Vielfalt innerhalb der gesamten Population müssen die im westdeutschen Raum vorhandenen Zuchttiere, die teilweise mit genealogisch fremden Rassen wie französischem Percheron, englischem Shire oder Süddeutschem Kaltblut gekreuzt sind, im weiteren Zuchteinsatz zur Erhaltung eines reinrassigen Kaltblüters auf Rheinisch-Deutscher Grundlage begrenzt und gesondert geführt werden. Zur eventuell notwendigen genealogischen Verbreiterung sollten nur Zuchttiere aus Belgien zum Einsatz kommen.

Die momentan sehr uneinheitliche Namensgebung bei Pferden dieser Rasse ist herkunftsbezogen (Hesse, Rheinisch-Westfälisch, Altmärker, Thüringer, usw.) und läßt die gemeinsame Abstammung aller dieser Pferde vergessen. Die Einigung und Umbenennung auf die ursprüngliche Rassebezeichnung Rheinisch-Deutsch mit Zusatz des jeweiligen Zuchtgebietes wäre der Förderung der Rasse dienlich, und würde teilweise bereits entstandene Mißverständnisse bei Interessenten für diese Rasse nicht mehr auftreten lassen.

Zur Sicherung und Stabilisierung des Bestandes Rheinisch-Deutscher Kaltblüter, zur Erarbeitung von Erhaltungskonzepten, Absatzförderungen und gemeinsamer Durchführung von Leistungsprüfungen wäre die Gründung und Arbeit einer länderübergreifenden Interessengemeinschaft sicherlich eine wichtige und sehr dringliche Aufgabe.


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