Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter
Haustierrassen e.V. (GEH)
Schwerpunkt - Pferde |
Dr. O. Frey, Eislingen
Schon vor fast 130 Jahren, im Jahre 1866, legte das 'Rossparlament', der Beirat des Haupt- und Landgestütes Marbach, das Zuchtziel für das in Württemberg gewünschte Wirtschaftspferd fest. Es ist ein für die Landwirtschaft geeignetes Warmblutpferd.
Das Zuchtziel des Württembergers im Cob-Typ war:
Ein mittelschweres, kräftig gebautes, tiefes und bodenständiges, insbesondere für landwirtschaftliche Zwecke geeignetes ruhiges Warmblutpferd, ein gedrungenes leichtfutteriges Modell mit starken Knochen, harten Hufen und räumenden Gängen, ein ausdauerndes Pferd.
'Im Wesentlichen ist die Rasse aus einer Mischung von ostpreußischem und anglonormänner Blut entstanden, daneben findet man das alte württembergische Blut mit geringer Beimischung von oldenburgischem'. (v.Pentz)
'Faust' geb. 1885, ein Anglo-Normänner im Cob-Typ, wurde zum Stammvater der Zucht. Durch Inzucht wurde sein Typ in der Population gefestigt. Das Württemberger Warmblut wurde eine eigenständige Rasse, Ausdauer und Leistungsfähigkeit zeichneten sie aus. Ein gedrungenes, futterdankbares Tier mit harten Hufen war entstanden, das ideale Pferd für die Landwirtschaft, 'Herr und Bauer' zugleich.
Die Faust-Nachkommen prägten die Zucht bis in die 60er Jahre dieses Jahrhunderts. Die Zufuhr von arabischem Blut hat sich laufend bewährt. Eine Rasse zugfest und zugwillig, bodenständig, den harten Anforderungen auf der Schwäbischen Alb gewachsen, war gezüchtet.
Grundlage der Pferdezucht in Württemberg war der bäuerliche Familienbetrieb, in dem nicht nur die Zucht, sondern auch die Aufzucht sinnvoll eingegliedert war. Der Landwirt konnte sich nur ein Pferd leisten, das billig zu halten und dabei leistungsfähig, ausdauernd und zäh war, ein Pferd, das der Scholle angepaßt war.
Schon in den 50er Jahren ließ das Interesse der Landwirte am Pferd nach. Mit dem Ausscheiden des alten Bauern aus dem Arbeitsprozeß ging meist auch das Pferd vom Hof. Durch Blutritte im Oberland und die zahlreichen sogenannten 'Pferdemärkte' im Unterland wurden auf verschiedenen Höfen noch Pferde gehalten. Die alte Stute durfte bleiben, die Enkel fanden Freude daran.
Dem Trend der Zeit folgend wurde der Württemberger umgezüchtet, mehr Reitqualität in die Zucht gebracht, innerhalb recht kurzer Zeit war aus dem Wirtschaftstyp ein Reitpferd geworden. Um das Pferd im Wirtschaftstyp nicht aussterben zu lassen, trafen sich im Februar 1988 die Freunde dieses Pferdeschlages in Marbach und gründeten den Verein zur Erhaltung des Altwürttemberger Pferdes e.V. Die noch lebenden Stuten mit Altwürttemberger Blutanteil wurden erfaßt. Zur Anpaarung dieser Stuten wurden Hengste mit Altwürttemberger Vorfahren und möglichst erfolgreicher Zugleistungsprüfung empfohlen. Die Nachkommen von Faust AN, dem Stammvater der Württemberger Warmblutzucht im Cob-Typ sollen ihre Existenzberechtigung behalten. Diese Pferde im Wirtschaftstyp, gedrungene futterdankbare Tiere, mittelschwer mit kräftigem Gebäude zeichnen sich nicht nur durch Gesundheit und lange Lebensdauer, Leistungsbereitschaft und Zugwilligkeit, sondern insbesondere durch ihren umgänglichen Charakter und ihr ausgeglichenes Temperament aus. Das ideale Freizeitpferd ist anspruchslos und robust, willig im Geschirr und unter dem Sattel, ein Kamerad für Arbeit und Erholung. Die fast ein Jahrhundert gezüchtete Rasse der Württemberger im Cob-Typ wird erhalten, ein Kulturgut einzigartig und unwiederbringlich.
Das festgelegte Zuchtziel entspricht dem des Rossparlamentes von einst:
Umgänglicher Charakter und ausgeglichenes Temperament, mittelschweres, trockenes, und kräftiges Gebäude, gedrungenes, futterdankbares Tier, bodenständig mit klarem Fundament und harten Hufen, räumende Gänge, bei langer Lebensdauer, leistungsbereit, zugfest und zugwillig.
Erwünscht ist ein Stockmaß von ca. 155-165 cm. Hengste müssen, Stuten sollten die Zugleistungsprüfung ablegen.
Die Zahl der Bedeckungen stieg in den letzten Jahren ständig:
1988 | 11 Bedeckungen | |
1989 | 13 Bedeckungen | |
1990 | 10 Bedeckungen | |
1991 | 19 Bedeckungen | |
1992 | 19 Bedeckungen | |
1993 | 19 Bedeckungen | |
1994 | 23 Bedeckungen |
Seit 1993 wurde die Zahl der anerkannten Hengste auf zwei Tiere begrenzt. Seit 1992 steht der braune Hengst Sorent aus einer bewährten Altwürttemberger Mutter zur Verfügung. Nachdem 1991 und 1992 der Alt-Oldenburger Centimo aus Moritzburg angepachtet werden konnte, steht seit 1992 bis heute der Rappe Edano I aus dieser Zucht im Gestüt in Marbach für die Altwürttemberger Stuten zur Verfügung. Sorent und Edano I, zwei gedrungene sehr ausdrucksvolle Hengste im Typ des Württemberger Wirtschaftspferdes haben eine sehr einheitliche Nachzucht mit räumendem Schritt und schwungvollen Trabbewegungen. Centimo und Edano I führen anglonormännisches Blut über Condor AN im Pedigree und haben damit Blutanschluß an die Altwürttemberger.
Schon 1988 konnten die ersten Nachkommen aus Altwürttemberger Stuten gebrannt werden. Das mittlere Lebensalter der damals eingetragenen Stuten lag bei ca. 16 Jahren und stieg noch weiter an. In der Zwischenzeit kamen mehr und mehr Jungstuten als Remonten in die Zucht, so dass das mittlere Lebensalter wieder sinkt. Die älteste Stute 'Herzogin' ist mit 26 Jahren 1995 tragend mit dem 20. Fohlen. Die noch vorhandenen Stuten und die eingetragenen Hengste zeigen, dass sie anhand ihrer Nachzucht in der Lage sind, das Erbe einer 100 - jährigen Zucht dieses Wirtschaftspferdes zu erhalten. Im Jahre 2005 sind 63 Tiere im Herdbuch eingetragen, dabei handelt es sich um 8 Hengste und 55 Stuten.
Dank dafür gilt nicht nur den Züchtern, die den Württemberger im Cob-Typ weiter halten und vermehren, sondern auch dem Haupt- und Landgestüt Marbach, das Hengste für diese alte Pferderasse zur Verfügung stellt. Das Württemberger Hirschhorn mit drei Zacken am linken Hinterschenkel kennzeichnet die gebrannten Fohlen.
Die Nachkommen von Faust, dem Stempelhengst des Württembergers im Wirtschaftstyp, sind 'Faustpfand' zur Erhaltung der Altwürttemberger Zucht. Intelligent und leistungsbereit, robust und langlebig, finden sie durch ihr angenehmes Wesen, ihre unbegrenzte Gutmütigkeit wieder mehr und mehr Freunde.
Der 'Altwürttemberger' das Pferd für Freizeit und Breitensport.
Ein Informationsservice der GEH e.V.
© 1995 Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter
Haustierrassen e.V. (GEH)