Temperament
und Schönheit, Anpassungsfähigkeit und Vitalität – Schlagwörter, die
sowohl in der Beschreibung des edlen Leutstettener Reitpferdes als auch bei der
fleißigen Dunklen Biene zutreffend sind. Was diese beiden kaum gegensätzlicheren
Tierarten noch verbindet ist leider weitaus weniger rühmlich – sie stehen
beide ganz weit vorne in der Roten Liste der gefährdeten Nutztierrassen und
zwar in der Kategorie extrem gefährdet. Diese
Thematik erkannt und seit 1984 jeweils bei der Grünen Woche in Berlin
publikumswirksam dokumentiert hat die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter
Haustierrassen e.V. (GEH), ein bundesweit aktiver Verein, der sich die
Lebenderhaltung einer breiten Vielfalt von Nutztierrassen zur Aufgabe gemacht
hat. Ein Phänomen, dass nicht nur Pferd und Biene betrifft. In allen Bereichen
der vom Menschen landwirtschaftlich gehaltenen Tiere tritt eine
Vereinheitlichung ein, die beim Blick in die Ställe, auf die Weiden und Koppeln
und auch in die Bienenstöcke nicht zu übersehen ist. Im
Jahr 2004 sollen das Leutstettener Pferd und die Dunkle Biene im Vordergrund
stehen. Rasseporträt
Leutstettener Pferd Das
Königlich-Bayerische Privatgestüt Leutstetten – Julia
Enz Jeder,
der das Gestüt Leutstetten bei Starnberg im Süden Münchens besucht, ist
beeindruckt von der Einheitlichkeit der dort bestehenden Herde. Sei es der Laie,
der staunend fragt: „Wie kennt man die denn auseinander?“ oder der Fachmann,
der Exterieur, Farbe und Temperament beurteilt. Dennoch sind diese Pferde in
Zeiten, in den auffällige, exotisch anmutende „Pferderassen für Jedermann“
Mode geworden sind, vom Aussterben bedroht. Geschichtliche
Zusammenhänge Als
Ihre Königliche Hoheit Prinzessin Ludwig von Bayern 1875 durch Erbschaft in
Besitz des Gestüts Sárvár in Westungarn gelangte, bestand ein großer Bedarf
an edlen, gängigen Reitpferden vor allem für das Militär und als leichtes
Wagenpferd. Ideale Bedingungen für eine hochstehende Pferdezucht vorfindend,
einerseits was die vorhandenen Zuchttiere und die Zuchtbuchführung,
andererseits was die landwirtschaftlichen Voraussetzungen betraf, wurde Sárvár
zum Lieferanten für die besten Reitpferde nach Bayern. Gesundheit, Ausdauer,
ausgeglichenes Temperament und Leistungsbereitschaft wurden erwartet. Zudem erwünscht
waren einheitliche Kavallerieremonten und Gespanne, die in Farbe und Gangvermögen
zusammenpassten. Das schnelle und bequeme Zurücklegen großer Strecken und
Zuverlässigkeit hatten Priorität. Diesen Ansprüchen wurde das Gestüt Sárvár
in nahezu idealer Weise gerecht. Neben
den Anforderungen des täglichen Gebrauchs hatte die Sárvárer Gestütsleitung
den Ehrgeiz auch Pferde für den im Frieden aufstrebenden, von militärischen
Interessen geleiteten Turniersport zu liefern. Selektiert wurde aus bestehendem
Zuchtmaterial auf Spring- und Dressureignung und veredelt mit geeigneten
Vollbluthengsten. Getreu dem Motto „Blut ist der Saft der Wunder schafft“
entwickelte sich eine Pferderasse, die dem modernen vielseitigen Reitpferd in
keiner Weise nachsteht. Maßgeblich an diesem Erfolg beteiligt war zweifelsohne Oberstleutnant Byschl, der 50 Jahre die Geschicke des Gestüts leitete. So schrieb das Pferdesportmagazin ST. GEORG 1938 zu seinem 80. Geburtstag und 50-jährigen Jubiläum als Gestütsdirektor. „Byschl
war bayerischer Offizier und übernahm nach seiner Ausbildung im Gestütsdienst
die Führung des Gestüts in Sárvár (...) es ist fast unerreicht gewesen in
der Güte seiner Zuchtprodukte, die unzählige Preisreiten und Jagdspringen auch
in Deutschland und zwar im Besitze von bayerischen Offizieren, gewonnen haben. Sárvárer
Hengste gingen (...) in die ganze Welt bis nach Südamerika. Auch das
hannoversche Landgestüt Celle benutzte vor dem Kriege einen Hengst aus Sárvár
mit sehr gutem Erfolge.(...). Herr
Byschl hat immer sehr lebhafte Beziehungen zu Deutschland unterhalten. Er hat
deutschen Pferdezüchtern und vor allem auch deutschen Reitern sehr viele
Anregungen gegeben.“ Zu Byschls Zeiten gehörte das Gestüt Seiner Königlichen
Hoheit Prinz Ludwig von Bayern dem späteren König Ludwig III. Von seinem Sohn,
Prinz Franz erbte der heutige Prinz Ludwig von Bayern, der dieses Jahr seinen
90. Geburtstag bei guter Gesundheit feiern konnte, das Gestüt. Als 1945 es
darum ging die Zucht vor dem Zugriff der Russen in Sicherheit zu bringen wurde
alles daran gesetzt, die Pferde nach Bayern zu retten (siehe Rasseportrait
Leutstettener Pferde Arche Nova 03/2002). Ein
Lebenswerk Bestätigt
in seiner Linie wurde er nicht nur durch sehr anerkennenswerte Erfolge seiner
Pferde im Sport, sondern auch durch das Interesse des ungarischen Staates, der
1980 an das Gestüt herantrat. Der Bitte um genetisch wertvolles Zuchtmaterial für
die Furioso-North Star Zucht Ungarns, die zunehmend durch Einkreuzungen zu verwässern
drohte, wurde mit dem Export von etwa 40 Pferden nach Ungarn entsprochen. Prinz
Ludwig wurde für seine züchterischen Leistungen 2001 mit dem Offizierkreuz des
ungarischen Staates ausgezeichnet. Leider
konnte im Rahmen der politischen Wende und durch zunehmend kommerzielle
Interessen der ungarischen staatlichen Pferdezucht keine geschlossene Gestütszucht
erhalten bleiben. Hier teilen die Leutstettener Pferde in Ungarn das Schicksal
aller ungarischen Traditionsrassen. Tradition
und Zukunft Gewiss
kann und will Leutstetten weder den Wettbewerb mit den großen Warmblutzuchtverbänden
antreten, noch will man in Konkurrenz zu exotischen oder billigen Importrassen
treten. Reiten als Breitensport ist eines der vielzitierten Schlagworte in
diesem Zusammenhang. Eine Pferderasse, die zu einer Zeit entstanden ist, in der
es selbstverständlich war, ein gutes reiterliches Niveau mitzubringen (so wie
es heute von modernen Menschen erwartet wird, ein Auto bedienen zu können) und
die nach wie vor Gefühl von seinem Reiter verlangt, tut sich mit dem heutigen
Anspruchsdenken in der Reiterwelt denkbar schwer. Trotzdem
versucht die Leutstettener Zucht den Spagat, ein zu hohen Leistungen fähiges
Sportpferd zu erhalten und dem anspruchsvollen Freizeitreiter einen
charakterfesten Kameraden anbieten zu können. Dies gelingt nur durch
konsequente Selektion, die bei einer so kleinen Population (10 – 12
Mutterstuten) wieder zur Gratwanderung wird. Die Errungenschaften der modernen
Tiermedizin ermöglichen immerhin die Tiefgefrierkonservierung und den Transport
von Sperma wertvoller Vatertiere. So gelang es in den letzten zwei Jahren in
Zusammenarbeit mit der Tiermedizinischen Fakultät in Wien von sechs Hengsten
aus nahverwandten Zuchten aus Polen und Ungarn, sowie eines Leutstettener
Hengstes Samen zu konservieren. Dennoch gestaltet es sich nach wie vor
schwierig, gerade für Leutstetten genetisch und phänotypisch geeignete Hengste
zu finden. Hoffnungen Rasseporträt
Dunkle Biene Die
Dunkle Biene - Die heimische Honigbiene Die
Dunkle Biene muss in Deutschland
als ausgerottet bezeichnet werden. Glücklicherweise sind jedoch in benachbarten
Ländern noch die drei typischen Ökotypen verbreitet, die zu einer längerfristigen
Wiederbesiedlung in Deutschland beitragen können. Zu unterscheiden ist die
ehemals im Norden verbreitete Heidebiene (Apis mellifera mellifera lehzeni), die
Deutsche Braune Biene (Apis mellifera mellifera mellifera) in Mitteldeutschland
und die Schwarze (Alpenländische) Biene (Apis mellifera mellifera nigra). Kennzeichen Verbreitung Herkunft
und Verwandtschaft Die
Westliche Honigbiene Apis mellifera ist ein Kind der Großen Eiszeit, die vor
ca. 1 Mill. Jahren als Ausnahmesituation in der Klimageschichte der Erde mit der
Polvereisung begann. Vor der Vereisung gab es eine große Zahl Honigbienen ähnlich
unserer heutigen Apis Mellifera. In Europa sind mit dem Klimawandel alle
Honigbienenarten ausgestorben und von der einstigen Vielzahl sind nur vier
weltweit übrig geblieben (mellifera, indica, drosata u. florea). Es gab vier
Eisvorstöße die im Maximum ähnlich dem bisher letzten vor ca. 10.000 Jahren
eine Vergletscherung in Europa von einer Linie der Severn-Mündung in England
nach Kiew in Russland und darüber hinaus nach Osten verlief. Im Vorderen Orient
überlebte der Vorfahre der Apis mellifera. Von dort breitete sie sich zunächst
in 4 Rassengruppen aufteilend aus. 1.
nach Westen über Nordafrika nach Europa (Iberische Halbinsel) Intermissa,
Iberica, mellifera. Neuere
DNA-Analysen ergaben gegenüber bisherigen Annahmen, dass die Unterschiede
zwischen den Apis mellifera mellifera Ökotypen wesentlich größer sind als
zwischen lingustica und carnica. Daraus kann man ablesen, dass die mellifera und
die lingustica alte Bienen sind und die carnica als jüngster Abkömmling der
lingustica zugeordnet werden kann. Dies
widerspricht auch der bisherigen Annahme, dass die mellifera aus einer Wärmeinsel
in Südfrankreich vor ca. 10.000 Jahren ihr heutiges Verbreitungsgebiet
besiedelt hat. Man kann annehmen, dass das Ventil nach Europa (Pyrenäen)
wesentlich früher überwunden wurde, sich die Dunkle Biene als 5. Gruppe in
ihre Ökotypen aufspaltete und jeweils unvermischt in mehreren (5 oder 6) Wärmeinseln
(Golfstrom?) die Eisvorstöße überwinterte um nach deren Rückzug, der
Haselnuss als Anzeigerpflanze folgend, ihr altes Siedlungsgebiet wieder bezog.
Vor ca. 150 Jahren begann für die Dunkle Biene die Bedrohung ihrer Existenz
durch den Menschen, auf der Suche nach der Besten Honigbiene. Der Irrtum mit der
Einfuhr der lingustica „viele Bienen viel Honig“ klärte sich als
Standarderfahrung der modernen Bienenzucht mit der Zunahme von Krankheiten,
Parasiten, Stechlust, mehr Arbeit, höhere Kosten, Hybridisierung sehr schnell
auf. Heutiges
Vorkommen In
keinem anderen Land wurde ein Nutztier als Bestandteil des europäischen Natur-
und Kulturerbes so aggressiv und nachhaltig bekämpft (Ausrottung durch Verdrängungszucht)
wie die einheimische Honigbiene in Deutschland. Das angestrebte Ziel
melliferafreie Zone wurde nach heutigem Wissensstand erreicht. In konzentrischen
Kreisen um das Herzland der einstigen Zeidlerbiene nimmt die Bienendichte der
Dunklen mit wachsender Entfernung zu, ist jedoch im gesamten Verbreitungsgebiet
mehr oder weniger gefährdet. Die Erhalter der Dunklen Bienen fanden sich im
europäischen Dachverband SICAMM zusammen, darunter die deutsche Gemeinschaft
zum Erhalt der Dunklen Biene e.V.- GEDB, um sich in zweijährigem Rhythmus zu
treffen und die gemeinsamen Ziele zum Erfolg zu führen. Eigenschaften Besonderheiten Bestände
der für Deutschland relevanten Ökotypen Heidebiene
(A. m. m. lehzeni):
Norwegen ca. 2.000 Völker,
Dänemark ca. 300 Völker. Pommernbiene
(A. m. m. mellifera):
Polen ca. 1.500 Völker. Deutsche
Braune (A. m. m. mellifera):
Belgien unbekannt, Schweiz
unbekannt. Braunelle
(A. m. m. mellifera):
Tirol
ca. 1.000 Völker. Schwarze
Alpenländische (A. m. m. nigra):
Österreich/Schweiz
unbekannt. Gefährdungsgrad
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Weitere Informationen zur Gefährdeten Nutztierrasse 2004 finden Sie unter: |
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Rassekurzbeschreibungen Pferde
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Bilder zur Gefährdeten Nutztierrasse 2004:
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Komprimierte Textdateien zum Download:
Pressemitteilung
Gefährdete
Nutztierrasse des Jahres 2004 (Langversion)
Gefährdete Nutztierrasse des Jahres 2004 (Kurzversion) Das Leutstettener Pferd und die Dunklen Bienen (PDF-Dokument) |
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